Heute hat der Bundestag über die gesetzliche Möglichkeit Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland zu nutzen abgestimmt. Nach einer abschließenden Debatte wurde über drei Gesetzentwürfe abgestimmt. Wie Reuters meldet, billigte der Bundestag heute einen Gesetzentwurf, „der die Anwendung der Präimplantationsdiagnostik (PID) bei Paaren für zulässig erklärt, die eine Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder bei denen mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist. Um Missbrauch zu vermeiden, wird eine Beratungspflicht eingeführt. Außerdem muss eine Ethik-Kommission zustimmen. Die PID darf nur an wenigen lizenzierten Zentren vorgenommen werden.“
Im Vorfeld gab es viele ausführliche Diskussionen über die PID. Gerade in den letzten Tagen auch im Fernsehen zu verfolgen. Die Argumentationen machten deutlich, dass dies ein komplexes Thema ist und dabei vieles beachtet werden muss. Allerdings war auch zu verfolgen, dass die Diskussionen zum Teil recht polemisch geführt wurden.
So gab es seitens der Befürworter oft den Vorwurf, die Gegner der PID würden Mütter zu Abtreibungen zwingen. Ganz vergessen wurde dabei aber, dass keine Mutter vom Gesetzgeber zur Schwangerschaft gezwungen wird. Ähnliche, wenig stimmige Argumente gab es von beiden Seiten immer wieder. Was kaum verwundern sollte, da es sich hier um ein stark emotionsbeladenes Thema handelt.
Ich bedauere die aktuelle Entscheidung des Bundestags ausdrücklich. Ich gehöre zu den Menschen, die für sich gute Gründe haben, die PID abzulehnen. Angefangen damit, dass für mich das menschliche Leben mit der ersten Zellteilung beginnt und damit keine Zellklumpen „aussortiert“ (sprich: getötet) werden, sondern Menschen. Als Christ gilt für mich auch, dass jedes (werdende) Leben Gottgegeben ist und wir kein Recht dazu haben hier über Leben und Tod zu entscheiden. Die immer wieder gestellte Frage: „Wie kann (ein) Gott solches Leid zulassen?“ ist für mich lediglich polemisch, weil sie nicht durchdacht ist und nur auf Emotionen abzielt. Tatsächlich gibt es dazu einiges zu sagen, was aber den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.
Der unbedingte Kinderwunsch solcher Eltern befremdet mich zudem. Ich verneine nicht, dass es einen solchen Kinderwunsch gibt, bin aber sehr skeptisch bezüglich dessen, was dieser unbedingte Kinderwunsch letztlich für das Kind bedeutet. Eine entspannte Kindheit scheint mir bei einem solchen zugrundeliegenden Wunsch für das Kind bedroht – liegen doch derart hohe Erwartungen von der Zeugung an auf dem Kind.
Ich stimme den folgenden Meinungen zu, die Reuters zitiert:
„KRITIKER SPRECHEN VON „ZEUGUNG AUF PROBE“
Für die PID-Gegner betonte Unionsfraktionschef Volker Kauder, der Prozess menschlichen Lebens beginne mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Die Zulassung der PID werde brutale gesellschaftliche Konsequenzen haben. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte, die PID verhindere in einzelnen Fällen zwar Leid. „Aber sie verhindert in jedem Fall das Lebensrecht von gezeugtem menschlichen Leben.“ Der Patientenbeauftragte Wolfgang Zöller (CSU) monierte, bei der PID werde zwischen lebenswert und nicht lebenswert unterschieden. Sie stelle quasi eine „Zeugung auf Probe“ dar….
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz, die sich für ein klares Verbot der PID eingesetzt hatte, bedauerte die Entscheidung „zutiefst“. „Die Selektion von menschlichen Embryonen verstößt gegen das Achtungsgebot der Menschenwürde, die jedem Menschen von Anbeginn zuteil ist“, sagte der Vorsitzende Robert Zollitsch.“
Es erscheint mir unrealistisch, wenn die Abgeordneten tatsächlich glauben, dass die Einschränkung auf
- Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit
- wo mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist
- eine Beratungspflicht
- sowie einer Zustimmung durch eine Ethik-Kommission
- und die Limitierung auf nur an wenige lizenzierte Zentren
tatsächlich baldigen Missbrauch verhindern.
Mit einer ähnlichen Argumentation wurde der Abtreibung zugestimmt. Mit dem Ergebnis, dass allein in Deutschland 110.000 bis 120.000 Mütter sich jährlich in einer derartigen Ausnahmesituation empfinden, dass sie ihre Kinder abtreiben lassen. Handelt es sich zur Zeit noch um „wenige hundert Fälle pro Jahr“, so kann man erwarten, dass sich die Anzahl rasch erweitern wird. Vor allem dann, wenn die Kosten ganz oder zum Teil von den Krankenkassen übernommen werden sollten.
Weiterhin bin ich überzeugt, dass dieser Entschluss zur weiteren Diskriminierung von Behinderten in unserer Gesellschaft führen wird, ja sogar eine solche in sich bereits ist. Wer eine Aussortierung von menschlichen Embryonen aufgrund von möglichen Behinderungen gestattet, entscheidet dass menschliches Leben mit bestimmten Behinderungen als bedingt Lebenswert eingestuft wird. Wie wird „schwerwiegende Erbkrankheit“ definiert werden? Was zählt darunter? Was bedeutet „schwerwiegend“? Wer bestimmt die Werte der Ethik-Kommission?
In anderen Ländern wird per PID bereits nach weit weniger relevanten Kriterien angewandt. Ich bin überzeugt, eine ähnliche Anpassung wird mit der Zeit auch bei uns geschehen.
So meldet evangelisch.de:
„USA: Das Verfahren wird seit 1990 genutzt, inzwischen an einer Vielzahl von Kliniken. Auf bundesstaatlicher Ebene gibt es keine gesetzliche Regelung. Selbst die Nutzung von PID zu nichtmedizinischen Zwecken wie der Wahl des Geschlechts wird weitgehend als legitim anerkannt.
Großbritannien: Zur Erkennung schwerer Krankheiten oder spontan auftretender Chromosomendefekte ist die PID erlaubt. Sie wird seit 1990 angewendet. Alle Arbeiten mit embryonalem Gewebe unterliegen der Kontrolle einer speziellen Behörde, die Tests werden an lizenzierten Zentren durchgeführt. Das Anwendungsspektrum gilt als relativ breit. Im Januar 2009 kam in London das erste Baby Großbritanniens zur Welt, bei dem mittels PID ein Brustkrebsgen ausgeschlossen wurde….
Belgien: Seit 1994 testen belgische Mediziner im Reagenzglas erzeugte Embryonen zum Beispiel auf Erbkrankheiten. Eine gesetzliche Regelung für die Forschung an Embryonen wurde 2003 geschaffen. Sie schränkt die PID kaum ein, verbietet aber die rein geschlechtsspezifische Auswahl von Embryonen.…“
Nicht nur die Frage: „Warum haben deine Eltern dich bekommen?“ wird auf Behinderte zukommen, sondern auch mehr und mehr lediglich als „unnötige Last“ auf die Gesellschaft wahrgenommen zu werden. Ich bin gespannt, ob Krankenkassen in Zukunft die Leistung der Folgekosten für Behinderte einschränken wird, weil die Behinderung möglicherweise per PID hätte ausgeschlossen werden können.
Pikant ist der Umstand, dass die Eltern, die eine Veranlagung für schwerwiegende Erbkrankheiten in sich tragen durchaus selbst als bedingt Behinderte eingestuft werden könnten. Ihre Behinderung erweist sich zwar lediglich in dem Umstand, dass sie eine schwerwiegende Erbkrankheit weitergeben könnten, aber auch dies ist lediglich eine Frage der Definition. Das führt mich zu dem nächsten Punkt:
Gibt es ein Recht auf ein (gesundes) Kind?
Wenn wir die ideologische Brille einmal ausziehen und einmal nüchtern auf unsere Gesellschaft schauen, stellen wir fest, dass es immer mehr Paare gibt, die sich aus ganz unterschiedlichen Gründen dazu entscheiden Kinderlos zu bleiben. Wie passt das mit dem immer wieder angeführten starken Leiden der Eltern zusammen, die nun unbedingt ein Kind haben wollen – und sei es per PID? Muss man nicht fragen, welcher Natur dieses Leiden wirklich ist? Wenn es doch so viele andere Paare gibt, die ohne Leidsbekundung auf Kinder verzichten?
Gibt es ein Recht auf ein gesundes Kind alleine schon aus dem Fakt heraus, dass es medizinische Wege gibt, dies relativ zu garantieren? Ist alles allein daraus, weil es machbar ist, schon eine Grundlage dafür daraus ein Recht für sich zu ziehen?
Nein, ich bin nicht glücklich mit der Entscheidung des Bundestages von heute. Mit Sorge schaue ich auf das, was auf uns zukommt.
Jetzt ist es PID, vor vielen Jahren war es §218 an dem sich die Gemüter erhitzten. Wem sind noch die Rassengesetze der NSDAP bekannt?
Dort ging es im Kern um die Definition: `Wertes und Unwertes Leben´
Die heutigen Regelungen zur Sterbehilfe (Euthanasie) haben ihren Kern in dem damaligen Rassengesetz. Auch wenn wir in Deutschland ein von der Ethik her gesehen recht hohes Niveau haben im Gegensatz zur Niederlande oder der Schweiz, bleibt doch die Grundfrage wo fängt unwertes Leben an, oder wo hört wertes Leben auf. Wer beurteilt das Objektiv? Welcher Mensch ist objektiv? Jeder interpretiert, deshalb brauchen wir einen Maßstab:
Die Bibel
Im Psalm 139 ist nach zu lesen wann Leben anfängt :
13 Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe.
14 Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.
15 Es war dir mein Gebein nicht verborgen, / als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde.
16 Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.
Ein Mensch, den man nicht töten darf ( 2Mo 20,13 Du sollst nicht töten ).
Ich bin dagegen und ich habe nicht geschwiegen und werde nicht schweigen zu diesem Thema. Unter Hitler haben viele Menschen geschwiegen zum Genozid und dem Morden von ‚unwerten Leben‘ und keiner könnte sagen sagen er hätte nichts gewusst (man bekommt mit wenn plötzlich Menschen aus der eigenen Umgebung verschwinden)
Heute sind wir dran uns zu entscheiden : reden oder schweigen
Ich werde nicht Schweigen
Roland Klar aus Aachen
Hier eine der wenigen wirklich kritischen Berichte über das Für und Wider der Organspende und über die Frage, ob die Kirchen tatsächlich den Menschen bei einer Entscheidungsfindung behilflich sind:
MP3_File NDR Info-Lebenswelten
(Nur begrenzte Zeit verfügbar)