…und Christen sich verkneifen sollten. III
Nachdem der zehnjährige Mirco nun tot aufgefunden wurde, diskutieren manche Christen im Netz angeregt über diesen Fall. Kein Wunder, denn dieses mal traf es eine Familie aus einer freikirchlichen Gemeinde. Dadurch ist das Geschehen manchen Christen näher, als es sonst schon gewesen wäre.
Obwohl ich in der Nähe des Geschehens wohne und mir die Gemeinde nicht unbekannt ist, möchte ich hier jetzt nicht über meine Betroffenheit reden. Vielmehr reagiere ich hier auf Diskussionen in manchen chr. Internetforen, wo Christen allen Ernstes für den Täter die Todesstrafe fordern. Christen fordern die Todesstrafe … dabei sind wir hier nicht einmal in Amerika. 🙁
Wenn Christen die Todesstrafe fordern, frage ich mich, was diese Christen eigentlich von ihrem Glauben überhaupt verstanden haben?
Ja gut ok, wenn schon Todesstrafe – dann aber richtig und nicht so’n halber Kram.
Also führen wir wieder die Todesstrafe ein, für Jeden der sie verdient hat:
Römer 6:23 Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, (den Rest können wir ja jetzt einfach mal weglassen….)
Wer hat sie verdient?
Römer 3:23 denn alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes
Also wenn ich sehe, dass ein Christ die Todesstrafe fordert, muss ich immer an den „Schalksknecht“ denken und an das „Vater unser“:
Matthäus 18:33 Solltest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmt haben, wie auch ich mich deiner erbarmt habe? 34 Und sein Herr wurde zornig und überlieferte ihn den Folterknechten, bis er alles bezahlt habe, was er ihm schuldig war. 35 So wird auch mein himmlischer Vater euch tun, wenn ihr nicht ein jeder seinem Bruder von Herzen vergebt.
und
Matthäus 6:14 Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebt, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben; 15 wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euer Vater eure Vergehungen auch nicht vergeben.
…. was folgerichtig die Todesstrafe fordert.
Also du Christ, der die Todesstrafe fordert, du forderst sie vor allem für dich selbst ein!
Da gibt es Christen, die ganz schlau feststellen, dass die erste Aufforderung Mörder zu töten schon lange vor dem Gesetz von Gott gegeben wurde:
1 Mose 9:5 Jedoch euer eigenes Blut werde ich einfordern; von jedem Tiere werde ich es einfordern, und von der Hand des Menschen, von der Hand eines jeden, nämlich seines Bruders, werde ich die Seele des Menschen einfordern. 6 Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll durch Menschen vergossen werden; denn nach dem Bilde Gottes hat er den Menschen gemacht.
Dies würde bis Heute so gelten, da dieses Gebot (ist es überhaupt ein Gebot?) ja schon lange vor dem Gesetz gegeben wurde.
Das hätte aber Jemand dann auch Jesus rechtzeitig sagen sollen, denn dann hätte ER sicherlich mit Freude den ersten Stein auf die Ehebrecherin geworfen … oder? Immerhin stand damals auf Ehebruch die Todesstrafe – von Gott selbst per Gesetz geboten. Heißt das jetzt, dass Jesus doch ein Sünder war, weil er die Ehebrecherin nicht gesteinigt hat?
Wenn ich solche Diskussionen sehe frage ich mich, ob so manche Christen eigentlich wirklich verstanden haben, woran sie glauben. Haben sie wirklich verstanden, welche Gnade sie erfahren haben? Oder haben sie sich nur zu einer Religion, nicht aber zu einer erneuerten Beziehung zu Gott bekehrt. Ich kann nämlich nicht verstehen, wie Jemand, der regelmäßig Umgang mit Gott hat, auf solch eine Haltung kommen kann. Normalerweise sollte uns der Charakter Gottes prägen, wenn wir tatsächlich mit IHM Umgang pflegen. Wenn aber so garnichts davon zu erkennen ist, was schließen wir daraus?
Ich gestehe selbstverständlich Jedem zu derart von der Grausamkeit solcher Taten so getroffen zu sein, dass er mit seinen Emotionen zu kämpfen hat. Ich kann auch Nachvollziehen, wie man auf den Gedanken von Rache kommt und solche Täter so weit wie möglich von sich weg stoßen will. Wenn Jemand damit zu kämpfen hat, darf er das gerne vor Gott tun und von IHM erfahren was ER dazu denkt.
In meinem Dialog mit Gott komme ich darauf, dass ich selbst Gnade erfahren habe und mir nicht anmaßen sollte, anderen Menschen den Tod zu wünschen. Natürlich müssen solche Täter bestraft werden – ohne Frage. Dazu hat Gott den Obrigkeiten den Auftrag erteilt.
Römer 13:3 Denn die Regenten sind nicht ein Schrecken für das gute Werk, sondern für das böse. Willst du dich aber vor der staatlichen Macht nicht fürchten, so tue das Gute, und du wirst Lob von ihr haben; 4 denn sie ist Gottes Dienerin, dir zum Guten. Wenn du aber das Böse tust, so fürchte dich! Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst, denn sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut.
Strafe ja, aber nicht in blinder Wut.
(Alle Bibelstellen aus der Rev. Elb.)
Hallo Charly,
in Wut oder Zorn zu strafen hat noch nie einem Täter zum Umdenken oder zur Veränderung bewogen.
Ein solches Machtspiel hat diesen Mann ja erst zum Täter werden lassen …
Natürlich muß unsere Gesellschaft Mißbrauchstätern und Mördern Grenzen setzen aber eben auch abschätzen inwiewiet eine Besserung des Täters möglich ist.
Diese Erfolgswarscheinlichkeit ist nach Erfahrungswerten der Polizei und Justiz gerade bei Taten mit Macht- und Gewaltausübunges- oder Mißbrauchs-Motiven äußerst gering, die Rückfall-Quote sehr hoch.
Für die meisten Täter bedeutet das: Lebenslänglich; für die Gesellschaft: Rückfall-Risiko und weitere Opfer (nach 10-15 Jahren).
Freilich hat der Täter eine Chace verdient, so wie jeder von Uns von Gott eine Möglichkeit zur Umkehr erhalten hat. Nur hatte das Opfer – Mirco – hatte nicht die geringste Chance!
Das letzte Urteil spricht Gott und wird das endgültige Gericht selbst vollstrecken. Nicht weil wir andere Menschen mißbraucht oder getötet haben, nicht weil wir gelogen oder mit Fingern auf andere „schuldigere“ gezeigt haben – sondern …
Weil wir das Blut Christi mit Füßen getreten haben (vergl.: Bibeltext nicht zur Stelle – aber ihr dürftet ihn alle kennen)
Es ist wohl die Emotion, die in diesen Momenten hoch kocht. Die Frage, was diese Forderungen (Todesstrafe) denn für jeden einzelnen bedeuten, wird außer acht gelassen. Da fehlt glaube ich einfach der Weitblick für die Konsequenzen, die sich aus dem eigenen Fordern ergeben (können). Das gilt übrigens nicht nur für die christliche Argumentation, das lässt sich genauso gut auf allgemeine moralisch-ethische Grundlagen wie die UN-Menschenrechte ausweiten.