Salafisten in Mönchengladbach II

Lesezeit: 4 Minuten
© Charly Lücker

Seit meinem Besuch in Mönchengladbach hat sich einiges getan.
Davon hier nur in Kürze, nachlesbar unter den jeweiligen Links:

  • Die Salafisten hatten neben ihren gesperrten Räumlichkeiten ein Zelt aufgebaut um sich darin zu versammeln, welches nun wieder abgebaut werden musste.
  • Diverse Demos, Informations- und Diskussionsveranstaltungen fanden statt. Unter anderem war auch der Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hier und versprach, auch die Salafisten in Mönchengladbach unter Beobachtung des Verfassungsschutz zu stellen.
  • Hausdurchsuchungen fanden in mehreren Orten Deutschlands statt, auch in Mönchengladbach.
  • Die Bürgerinitiative hat sich gespalten und nun protestieren zwei Vereinigungen gegen die Salafisten.
  • Neonazis versuchten sich ohne Erfolg an die Proteste anzuhängen.
  • Die geplante Islamschule kommt nun nicht nach Mönchengladbach.

Nun sollte man meinen dass die Protestgruppen über ihren Erfolg zufrieden sein müssten und nun ein Weg gesucht werden sollte, wie das weitere Zusammenleben friedlich verlaufen könnte. Weit gefehlt 🙁

Eigentlich sollte man davon ausgehen können, dass in Deutschland Religionsfreiheit bedeutet, dass auch solche Gruppen wie die Salafiten in Mönchengladbach ein Recht haben sich zu versammeln – ja schlicht dort in der Stadt zu leben. Das sehen die Redner der Protestgruppen anscheinend nicht so. Ausdrücklich wurde gesagt, dass man solange weitermachen will, bis die Salafisten weg sind. Es mutet eher traumtänzerisch an, dass eine Interessengruppe in einer Stadt am Niederrhein bewirken könnte, dass z.B. in ganz Deutschland eine solche Glaubensgruppe verschwindet. Daher wirkt es zunehmend so, dass der einmal geweckte Widerstand (um nicht „Mob“ zu schreiben) solange weitermachen will, bis sie die Mitglieder dieser Glaubensgruppe aus der Stadt gejagt haben.

Die Salafisten selbst sind nach dem gescheiterten Versuch am zweiten Weihnachtstag eine friedliche Informationsveranstaltung durchzuführen ruhiger geworden. Sie versammeln sich zur Zeit in einer Privatwohnung, direkt neben dem gesperrten Gebäude. Was lediglich zu neuer Wut bei den Protestgruppen führt. Allen voran der Sprecher der Bürgerinitiative Wilfried Schultz. Er ist der Meinung, dass sogar verboten werden müsste, dass sich die Salafisten nun in einer Privatwohnung treffen und phantasiert Horrorszenarien herbei.
Zitat:
> Wilfried Schultz ist gerade aus dem Urlaub zurück. Erholt sieht der Sprecher der Eickener Bürgerinitiative jedoch nicht aus. Eher wütend. „Ganz schön wütend sogar“, sagt er selbst.“Eigentlich kann ich mich nicht daran erinnern, wann ich überhaupt schon mal dermaßen aufgebracht war.“ Grund für seinen Ärger ist der neue Versammlungs- und Gebetsraum der Salafisten in einer Privatwohnung. …. „Die Leute im Haus haben Angst, den Hausflur zu betreten. Sie haben Polizei und Politik ganz genau geschildert, was Sache ist – aber keiner greift ein“, echauffiert sich Schultz. Er kündigte bei einer kurzfristig einberufenen Versammlung der Bürgerinitiative nun härtere Maßnahmen an. „Schluss mit den Höflichkeiten!“, fordert er. Man fühle sich von Politik und Behörden an der Nase herum geführt, alleine gelassen und verschaukelt. „Alle haben uns ihre Unterstützung zugesagt. Die Minister, der Bürgermeister, die Polizei. Wir fühlen uns von diesen radikalen Islamisten bedroht – und keiner hilft uns.“ …. „Und zur Not demonstrieren wir jetzt jeden Tag“, ruft Wilfried Schultz in den Versammlungsraum und erntet von den über hundert Teilnehmern heftigen Beifall. Schultz plant, nach eingehender Prüfung, Unterlassungsklagen gegen Politik und Polizei in die Wege zu leiten und die Salafisten wegen bauordnungsrechtlicher Verstöße anzuzeigen. „Die Menschen dieser Stadt merken gerade, dass auf Behörden und Politik kein Verlass ist“, so Schultz. Das sei das Schlimmste, was einem Bürger passieren könne. <

Ich fühle mich mehr und mehr an Zeiten erinnert, wo schon einmal aufgebrachte Bürger in Deutschland für sich in Anspruch genommen haben alleine das Recht zu haben zu bestimmen, wer sich hier aufhalten darf und wer nicht. Ich frage mich ob wir bald in Mönchengladbach mit einer Neuauflage des 9ten  November 1938 rechnen müssen.
Gestern noch wurde lauthals verkündet, man wolle mit den Nazis nichts zu tun haben. Heute frage ich hier laut nach, wie weit die Bürgerinitiative noch davon entfernt ist? Sind wir schon wieder so weit, dass selbst friedliche Versammlungen von Glaubensgruppen in Privathäusern verboten werden sollen? Reicht es in Mönchengladbach nicht aus, dass die Islamschule nun nicht kommt, der Verfassungsschutz deutlich sichtbar die Gruppe beobachtet und gegebenenfalls auch eingreifen wird?
Kommt nun bald der Tag, wo der Verfassungsschutz seine Beobachtungen auch auf die Bürgerinitiative erweitern muss, weil von ihr ein Gefahrenpotential ausgehen könnte?

Nach meiner Ansicht wäre es nun deutlich besser, nach den bereits erzielten Erfolgen die Wogen in Mönchengladbach zu besänftigen und erneut offen aufeinander zuzugehen. Die Bürgerinitiative sollte das nun schon von den Salafisten mehrfach ausgesprochene Angebot, offen miteinander zu reden und sich zu begegnen, ernst nehmen und den Austausch suchen. Durch die Erfolge ist nun eine klare Basis geschaffen, auf der das gemeinsame Leben der Bürger mit den Salafisten gestaltet werden muss.
Es geht nicht an, dass irgendeine Bürgergruppe darüber zu entscheiden hat, ob eine andere Gruppe sich an einem Ort aufhalten darf oder nicht. Es geht nicht an, dass selbsternannte Sittenwächter entscheiden wollen, welche Art der Religionsausübung geduldet wird.
Zudem ist jedem denkenden Menschen die Einsicht nahe, dass eine zu Extremen neigende Gruppe besser zu kontrollieren ist, wenn man einen offenen Umgang mit ihr pflegt. Jede extreme Gruppe, die in den Untergrund gedrängt wird, hat das hohe Potential dann gerade erst recht noch extremer und evtl. dann wirklich gefährlich zu werden.

Fortsetzung

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3 Gedanken zu „Salafisten in Mönchengladbach II“

  1. Hallo Charly,

    nach dem Wikipedia-Artikel kann unter Salafisten alles Mögliche oder Unmögliche verstanden werden solange es nur eine Form der Rückbesinnung auf die ersten drei Generationen nach Mohamed als Basis ansieht.

    Darunter sind militante Gruppen aber eher eine Minderheit auch wenn uns die Konsequenz der anderen Gruppen eher als überzogener Eifer vorkommen mag.

    Es wäre also erst einmal zu klären um welche Gruppe und Richtung es sich dort tatsächlich handelt und ob eine Überwachung durch den Staat verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist …
    oder ob die aufgekommene Beunruhigung überhaupt berechtigt ist …

    Wenn dort aber ähnliche Umtriebe (mit militanten Aktionen zur Vorbereitung von Anschlägen oder Rekrutierung von Personal) wie in Ulm gerechnet werden muß, dann sind die Sorgen und Aktionen der Nachbarn keineswegs unbegründet. Das aber muß ja erst einmal geklärt werden können.

  2. Hallo Stephan,

    ich habe mir ja im direkten Gespräch mit diesen Salafisten selbst eine Meinung gebildet. Soweit ich das beurteilen kann sind diese lediglich Moslems, die es halt besonders genau nehmen wollen. Ich glaube ihnen und sie haben es bisher auch bewiesen, dass sie in keiner Weise Gewaltbereit sind. Sie verurteilen schon geraume Zeit auch öffentlich Gewaltakte von Islamisten.

    Ich empfinde zwar pers. ihre Art des Glaubenslebens abstoßend, aber das erlaubt kein Urteil über sie als Menschen. Keiner der Leute, die ich unmittelbar und mittelbar erlebt habe, geben irgendeinen Anlass Angst vor ihnen zu haben.

    Ich halte es, aufgrund ihrer sehr fundamentalistischen Auffassungen für möglich, dass sich gewaltbereite Islamisten unter ihnen zeitweise aufhalten könnten, glaube aber, dass die Salafisten in MG sich klar gegen Gewalt gegenüber Nichtmoslems aussprechen.
    Da hier mögliche Gefahren sein können, finde ich es nicht verkehrt, dass u.a. auch diese zumindest von VS beobachtet wird.

  3. Wie zu erwarten war eskalieren die Zustände in Mönchengladbach. Die Aggressoren sind allerdings nicht die Salafisten, sondern die Bürgerinitiative!

    Die RP-online berichtet

    Zitat:
    „Mit Trillerpfeifen zogen 90 Eickener gestern vor ein Privathaus, in dem sich Salafisten regelmäßig zu Gebeten treffen sollen. Dabei nahmen sie Strafanzeigen in Kauf. Die Stimmung ist aufgeheizt: Es gab Drohanrufe und eine Prügelei…..
    Gestern wollten etwa 90 Demonstranten das Freitagsgebet der Salafisten mit Trillerpfeifen und Rasseln stören. Die Polizei hatte vorher gewarnt: „Bei einer Störung der Religionsausübung drohen Strafanzeigen.“ Trotzdem zogen die Eickener Bürger fest entschlossen los. „Ich freue mich auf eine öffentliche Hauptverhandlung, in der darüber entschieden wird“, sagte Wilfried Schultz, Sprecher der Bürgerinitiative…..“

    Worum geht es hier noch? Geht es jetzt nur noch darum, dass die Salafisten anders sind und deshalb einfach „weg müssen“? Wie weit will Wilfried Schutz noch gehen?

    „Hätten die Salafisten gestern nicht auf ihr Gebet verzichtet, wäre der Polizei nichts anderes übrig geblieben, als Verfahren gegen die Bürger einzuleiten, die vor dem Haus lautstark protestierten……“
    Wenn Bürger anfangen öffentlich auf Recht und Gesetz zu pfeifen, was wird als nächstes kommen?

    Keiner von ihnen kann verstehen, dass rund 60 Anhänger von EZP, einem Verein, der unter Beobachtung von Verfassungsschützern steht, ungehindert und regelmäßig in einer Privatwohnung beten darf. Dass sich die Hassprediger von EZP, die schwarze Listen veröffentlichten und Schmähvideos von Eickener Bürgern ins Netz stellten, auf Religionsfreiheit berufen, sei in diesem Zusammenhang eine Frechheit, sagte Schultz. Und: „Jetzt ist Schluss mit der Höflichkeit.“ Es dürfe nie wieder geschehen, dass die Salafisten auf dem Eickener Marktplatz öffentlich für die Scharia eintreten…..
    Man beachte den Sprachgebrauch, der genau so auch auf der Homepage der Bürgerinitiative zu finden ist. Wie sachlich und differenziert ist das noch?

    „Wie ein Stadtsprecher erklärte, habe man in dem Privathaus andere Mieter befragt, ob dort regelmäßig Versammlungen stattfinden. Doch niemandem sei etwas aufgefallen. Gestern hatten sich dort auf jeden Fall mindestens 40 Anhänger von EZP getroffen…..“
    Laut W. Schultz hätten doch genau diese Bewohner des Hauses enorme Angst und würden sich nicht mehr aus ihren Wohnungen trauen. Wem darf man jetzt noch glauben?

    „In Eicken kocht es: Schultz erhält nach eigenen Angaben seit einiger Zeit Drohanrufe und hat Strafanzeige gestellt. Eine tätliche Auseinandersetzung gab es gestern zwischen dem Hausbesitzer des neuen EZP-Treffpunkts und einem Journalisten, der im Gebäude eine Mieterin befragen wollte. Auch hier wurde ein Verfahren eingeleitet.“
    Und jetzt? Wie soll es nun weitergehen? Noch mehr Pöbeleien gegeneinander? Noch mehr Gewaltandrohungen? Schließlich dann tatsächlich Gewaltausbrüche – wie Gestern bereits geschehen.

    Nochmal, um es deutlich zu machen:
    Ich bin kein Anhänger der Salafisten und stehe diesen wahrlich nicht blind gegenüber. Ich sehe die Gefahr, die von derart fundamentalistischen Gruppen ausgehen kann.
    Aber wenn andere Gruppen der Gesellschaft nicht fähig sind, friedlicher, souveräner und offener auf solche Gruppen zu reagieren, sollten diese besser zunächst schweigen und an ihrer eigenen Einstellung arbeiten.
    In Mönchengladbach muss ein Weg des Friedens gefunden werden, Gewalt ist keine Antwort!

    Die Christen unter meinen Lesern möchte ich erinnern: Heute will man Moslems ihre friedliche Religionsausübung verbieten. Wenn das Klima gegenüber Religion in Deutschland sich derart weiter entwickelt, wird man dir Morgen verbieten wollen deine Religion auszuüben.

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