Heute beschäftigt die Medien die Ankündigung von Nikolaus Schneider, Präses der EKD, dass er vorzeitig von seinem Amt zurücktreten will. Grund sei die Krebserkrankung seiner Frau und dass er deshalb mehr Zeit für sie haben möchte. Deshalb will er am 10. November sein Amt als Vorsitzender abgeben und aus dem Rat der Kirche ausscheiden.
Zunächst möchte ich mein Bedauern ob der Erkrankung der Ehefrau von Präses Schneider zum Ausdruck bringen und festhalten, dass ihr natürlich jede Qualitätszeit mit ihrem Mann und der Familie zugestanden werden soll. Familie ist allemal wichtiger als auch jedes Bischofsamt in einer chr. Kirche. Mein Wunsch für die Familie ist, dass sie in dieser Zeit die liebevolle Nähe Gottes erleben mögen.
Viel Lob und Respektsbekundungen für diesen Entschluss von Nikolaus Schneider gehen am heutigen Tage über den Äther und auch in den kommenden Tagen durch die Medien.
Doch, und deshalb ist es mir hier einen Beitrag wert, fällt mir hier doch einiges auf, was mir meine Respektbekundung für diese Rücktrittsankündigung vergällt.
Ist sein Entschluss wirklich so herausragend, dass er tatsächlich außergewöhnlichen Respekt verdient? Ja sind diese ausufernden Respektsbekundungen nicht gar fast wie Hohn gegenüber Anderen?
Also, was genau haben wir hier vor uns? Ein Mann im Alter von 66 Jahren kündigt an, in etwas über vier Monaten sein Amt niederzulegen, um bei seiner kranken Frau zu sein.
- Ein Mann im Alter von 66 Jahren – also Jemand, dem schon seit einem Jahr die Rente (eine Luxusrente wohlgemerkt!) ohne jegliche Abschläge zusteht
- in etwas über vier Monaten sein Amt – gerade mal ein Jahr, bevor er es wohl eh abgegeben hätte – niederzulegen
- um bei seiner kranken Frau zu sein.
So ehrenwert es auch immer ist, was ich hier wirklich nicht in Abrede stellen will, aus Rücksicht auf die schwere Erkrankung der Ehefrau, die Familie vor den Beruf zu stellen, so wenig besonders ist dies aber auch.
Das tun sehr viele Mitbürger – so mancher ist sogar dazu gezwungen. Doch wer dieser Mitbürger kann sich auf einem derart luxuriösen Finanzteppich dabei ausruhen? Viele, die ähnliches tun, sind deshalb gezwungen Hartz IV-Bezüge zu beantragen und werden später sogar, wenn sie selbst Rente beziehen, dafür mit weniger Rente bestraft. Wie groß ist also der Schritt einer solchen Entscheidung für den Luxusrentner Schneider? So groß, dass dieser Schritt Respektsbekundungen nötigt? Wohl kaum! Wer bitte bekundet denn nur halbwegs so medienwirksam diese große Leistung, die so Viele im Verborgenen, unter Hinnahme wirklicher persönlicher Konsequenzen, erbringen? Füllen diese Leistungen nur halb so viele Titelzeilen, wie dieser Entschluss von N. Schneider? Und warum eigentlich nicht?
Nun tritt Nikolaus Schneider keineswegs sofort von seinem Amt zurück, wie es zB einzelne Politiker getan haben, sondern erst in etwas über vier Monaten.
So sarkastisch meine Frage nun auch empfunden werden mag, aber dennoch: Wird der Krebs auch weitere vier Monate warten, bis er weiter wächst? Was kann bei einer solchen Erkrankung – deren Schweregrad ich natürlich nicht kenne, aber immerhin scheint er ja so zu sein, dass er hier besonderer Erwähnung wert ist – in vier langen Monaten nicht alles geschehen? Und dennoch hat N. Schneider anscheinend diese Zeit.
Warum denn noch vier Monate warten? Nun, womöglich, um in Ruhe seine Amtsgeschäfte abzuschließen. Womöglich aber auch, um noch vier Monate Lob und Respektbekundungen zu bekommen? Womöglich um einen medienwirksamen Showabtritt aus seinem Amt hinzulegen? Werden doch schon Vergleiche mit seiner Vorgängerin, Margot Käßmann, angestellt. Wer weiß es? Ich, als einfacher Medienkonsument jedenfalls nicht.
Ich möchte hier nicht als neidvoller Nörgler wahrgenommen werden, der Anderen nur nichts gönnen will. Nur bitte: Ich möchte aber auch nicht durch Medien und Personen der Öffentlichkeit vorgemacht bekommen, dass ein nachvollziehbarer, aber eigentlich kaum wirklich dramatischer Schritt einer anderen Person der Öffentlichkeit derart besonders hervorzuheben sei und soviel Medienrummel rechtfertigt.
Mein Herz schlägt nicht für Luxusrentner, die aus familiärer Rücksicht etwas früher ihren gut gesicherten Lebensabend antreten. Mein Herz schlägt viel eher für all die Menschen, die unter echten persönlichen Opfern bereit sind, sofort und ohne jeden Medienhype bedürftigen Angehörigen beizustehen. Diesen gebührt Lob und Ehre – welchen sie aber viel zu wenig und viel zu selten bekommen.