Im ZDF hat am Mo. 22.02.2016 eine Post-Privacy Mockumentary, eine fiktionale Dokumentation gezeigt. Eine fiktionale Dokumentation über eine technologische Entwicklung in Form einer Datenbrille mit Gesichtserkennungs-Software, die fähig ist, dem Nutzer alles, was im Internet an Daten über die erkannte Person verfügbar ist, zu vermitteln. Es geht um nichts weniger als den gläsernen Menschen. Der Titel ist: „Operation Naked“
Grundlage dieser Fiktion mit allzu realistischer Aussicht sind Datenbrillen, wie zB. Google sie auf dem Markt gebracht hatte. Tatsächlich gibt es bereits eine Reihe anderer ähnlicher Angebote, die sich zum Teil weniger um Datenschutz kümmern wie Google es bisher tut. (Man kann es kaum glauben …)
Der Film ist für eine begrenzte Zeit online zu sehen. ZDF-Mediathek (ca. 50Min)
Der Regisseur und Autor Mario Sixtus sagt in diesem Artikel über seinen Film:
“Operation Naked” hat zwei Hauptpersonen: die Berliner Start-Up-Gründerin Michelle Spark, die eine Datenbrille mit Gesichtserkennung auf den Markt bringen will – und die Technologie selbst, die diese Brille antreibt. Wir erleben in “Operation Naked” zum einen, wie Michelle Spark als Unternehmerin von der Politik und von den Medien gefeiert und umworben wird – zumindest so lange bis kritische Stimmen laut werden und die Stimmung in der Bevölkerung zu kippen droht. Andererseits sehen wir, wie diese Technologie eine Eigendynamik entwickelt, wie sie damit beginnt, die Gesellschaft zu
verändern und sich dabei naturgemäß nicht die Bohne um Politik, Medien oder die Volksmeinung schert – fast so wie ein freigelassener Virus.Ich bin der festen Überzeugung, dass die Digitalisierung für unsere Gesellschaft und für unser aller Leben noch einige Überraschungen mitbringen wird, an die wir jetzt noch gar nicht denken – weil wir sie uns nicht vorstellen können. Und genau so fest bin ich davon überzeugt, dass dieser Prozess keine Pause- oder gar Stopp-Taste besitzt. Es fängt alles gerade erst an.
Wie weit ist die Technologie in der Realität?
Die ersten paar Tausend Entwickler, die mit einer Google-Glass-Brille durch die Gegend liefen, bevor Google das Projekt zurück ans Reißbrett beorderte, durften erfahren, dass Technologieskepsis bisweilen sogar unter Technologiefreunden verbreitet ist. “Glassholes” nannte man die Glass-Träger auf Tech-Konferenzen, während Fitness-Clubs und Bars Glass-Verbotsschilder aufhängten. Dabei konnte die erste Generation von Glass nicht viel. Letztlich waren es Auf-der-Nase-Varianten von eher schlappen Android-Smartphones. Aber als Angst- und Unsicherheits-Auslöser waren sie prima geeignet.Gesichtserkennung wiederum ist eine Technologie, die bereits erstaunlich gut funktioniert, die sich aber noch nicht wirklich herauswagt aus der Nische der Sicherheits- und der Zugangskontroll-Anwendungen. EU-Bürger etwa können auf mehreren Flughäfen bereits durch Roboter-kontrollierte Schleusen einreisen, wo nur noch eine Maschine das Passbild mit dem Gesicht vergleicht. Das funktioniert bemerkenswert unspektakulär, und vor allem Vielflieger schätzen die automatischen Grenzkontrolleure sehr.Facebook besitzt mit “Deep Face” einen Gesichtserkennungsalgorithmus, der Menschen besser erkennt als Menschen. Facebook gönnt Gesichtserkennungssystemen allerdings bislang nur eine Nischenexistenz, irgendwo versteckt in der Foto-Anwendung. Auch Google und Microsoft halten sich zurück. Aber Entwicklungen lassen sich nicht aufhalten. Datenbrillen mit Gesichtserkennungsoftware werden kommen, und zwar schon bald. Datenschützer und auch der Gesetzgeber werden das nicht verhindern können. Wir leben in einer vernetzten Welt. Selbst wenn in Brüssel morgen ein EU-weites Verbot für Gesichtserkennungssoftware beschlossen würde, übermorgen würde eine koreanische Softwarefirma eine solche App zum Download bereitstellen. Letztlich verhält es sich mit Software wie mit Gedanken: Sie sind frei, man kann sie nicht verbieten.Es ist also keine Frage mehr, ob unsere Gesellschaft bald durch eine ernst zu nehmende Disruption geht. Es ist auch völlig egal, was jeder Einzelne davon hält. Es ist unwichtig, ob wir davor Angst haben, ob wir allein den Gedanken an solch eine Zukunft ablehnen oder ob wir uns vielleicht sogar darauf freuen: Es ist nur noch eine Frage, wann es geschieht.
In einer weiteren Dokumentation (hier in der Mediathek) mit dem Namen: „Ich weiß, wer du bist“ geht er der Frage nach, wie weit wir Heute diesbezüglich tatsächlich schon sind.
Zitat aus dem Artikel:
Internetkonzerne kennen unsere politische Einstellung, unser Konsumverhalten und unsere Kreditwürdigkeit. Was aber, wenn nicht nur Google, Amazon und Facebook all das von uns wüssten, sondern jeder Passant auf der Straße? Die Dokumentation „Ich weiß, wer Du bist“ behauptet: Dieses Szenario ist keine Zukunftsmusik, sondern steht uns unmittelbar bevor. …
Internetkonzerne kennen unsere sexuellen Neigungen, unsere politische Einstellung, unser Konsumverhalten und unsere Kreditwürdigkeit. Sie wissen, mit wem wir befreundet sind, wo wir arbeiten und welche Bücher und Filme wir mögen. Was aber, wenn nicht nur Google, Amazon und Facebook all das von uns wüssten, sondern jeder Passant auf der Straße? Was, wenn ein einziger Blick genügte, um all jenes über einen Menschen zu erfahren, was das Netz über ihn weiß? Wenn es eine Datenbrille gäbe, die uns beim Spaziergang durch eine Fußgängerzone unfassbar viel über unsere Mitmenschen wissen ließe? Einfach indem sie Gesichter erkennt und diese Gesichter den zugehörigen Informationen im Netz zuordnet?
Die Dokumentation „Ich weiß, wer Du bist“ behauptet: Dieses Szenario ist keine Zukunftsmusik, sondern steht uns unmittelbar bevor. Gesichtserkennende Maschinen, smarte Brillen und Datenmusterkennung heißen die drei Technologien, die für eine solche Brille benötigt werden und die es heute bereits gibt. Sie müssen nur noch zusammengefügt werden.
Zu der fiktionalen Dokumentation „Operation Naked“
Die Machart des Films ist fesselnd. Die Botschaft erschütternd. Im Folgenden nun positive Dinge die mir daran aufgefallen sind und auch negative. (Spoileralarm)
Positiv ist –
- Die Fiktion hält sich dicht an der heutigen Realität und gewinnt dadurch an Glaubwürdigkeit. Dadurch bekommt man ein gutes Gefühl dafür, wie es sein könnte, wenn eine solche Technologie tatsächlich für Jedermann zur Verfügung gestellt wird.
- Die Rollen der Medien und der Politik werden etwas überzogen, aber glaubwürdig dargestellt.
- Die Entwicklung der gesellschaftlichen Akzeptanz dieser Technologie und deren Folgen sind glaubwürdig dargestellt.
- Der Film regt eine Diskussion über diese Thematik sehr stark an. Man kann dem Dargestellten kaum eine neutrale oder gleichgültige Haltung entgegen bringen.
Negativ ist –
- Im Film schimmert stark die positive Grundhaltung des Autors zu der Datenoffenheit durch. So werden die bejahenden Aspekte deutlicher und ausführlicher vorgestellt, als die kritischen Aspekte. Die kritischen Aspekte werden sogar in einen so negativen Zusammenhang gestellt, dass man kaum sagen kann, dass hier tatsächlich das Pro und Wider gegenüber gestellt worden wäre.
- Die Befürworter dieser Technologie werden als zu Innovativ und Zukunftsoffen dargestellt. Zum Teil werden sie zu plakativen Opfern einer harschen Intoleranz. Selbst ein abschließend überbordender Datenmissbrauch wird positiv dargestellt.
- Die Kritiker der Datenoffenheit und Befürworter der Privatsphäre werden letztlich alle als kriminell, pädophil, betrügerisch, schwulenfeindlich und gewaltbereit dargestellt. Ja selbst vor einem Mord scheuen diese angeblich nicht zurück.
- Es wird eine Initiative gegen die Einführung dieser Technologie vorgestellt, die stark an die reale Initiative „Anonymus“ angelehnt ist. Eigentlich unverkennbar. Dieser wird allerdings unterstellt, so wie Hooligans auch zur offenen Gewalt zu greifen.
Trotz den nicht unerheblichen Kritikpunkten lohnt es sich, den Film anzusehen. Denn er stößt ein wichtiges Reflektieren und Diskutieren an. Und diese Thematik ist keine Phantasie, sie ist uns realistisch näher, als es uns recht sein dürfte.
Meine Haltung in der Frage ist klar: Ich bin ein Feind davon, dass so viele Daten über Personen im Internet gesammelt und verwertet werden. Ich bin entsetzt darüber wie naiv und verschwenderisch Internetuser mit ihren Daten umgehen. Es gibt durchaus Möglichkeiten das Netz kreativ zu nutzen, ohne darin einen Daten-Striptease durchzuführen. Das bedarf jedoch einen intelligenten Umgang mit dem Netz und die Bereitschaft nicht in allem den „einfachsten Weg“ zu gehen. Denn dieser wird im Netz teuer mit Daten bezahlt.
Die einzelnen Daten, die User hier und da im Netz hinterlassen mögen oft für sich genommen harmlos sein. Doch in der Doku „Ich weiß wer du bist“ zeigt der Autor gut auf, wie brisant eine Sammlung und gezielte Auswertung all dieser Daten werden kann.
Die bisher gezeigte Haltung unserer westlichen Regierungen zu dem Schutz der Daten ist katastrophal. Hier schützt und nützt die Politik offensichtlich die kalten wirtschaftlichen Interessen zum deutlichen Nachteil der Bürger.
Das Internet ist kein Spielplatz. Es ist vielmehr eine Datenautobahn, auf der man gut aufpassen muss, nicht überfahren zu werden.