Just think about IV

Lesezeit: 5 Minuten

 

Denker
© by Charly Lücker

Missbrauchsfälle in der Kirche – Neiddebatte in Deutschland – Männerkongress

Missbrauchsfälle in der Kirche
In erschreckender Anzahl werden nun sexuelle Missbrauchsfälle im Rahmen der Einrichtungen der rkK bekannt. Zunächst ist es gut, dass solche Dinge endlich an die Öffentlichkeit kommen und nicht länger verschwiegen werden. Es bleibt nun abzuwarten, wie konsequent die rkK gegen solche Missbrauchsfälle in ihren Einrichtungen vorgeht.
Festzuhalten ist, dass der Eindruck, dass sexueller Missbrauch gerade im Rahmen der rkK besonders häufig auftreten würde, wohl eher falsch ist. So entsetzlich jeder Fall sexuellen Missbrauchs immer ist, so finden diese Fälle in allen gesellschaftlichen Umfeldern relativ gleichmäßig statt. Desweiteren ist es – auch wenn der Gedanke zunächst naheliegend scheint – völlig unrichtig das Zölibat in der rkK in einen engen Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen zu bringen. Beides hat nichts  miteinander zu tun. Missbrauchstäter machen ihr Handeln nicht von solchen Dingen abhängig. Es ist in diesem Zusammenhang in keiner Weise sinnvoll und konstruktiv im Zölibat lebende Menschen einem derartigen Generalverdacht auszusetzen.

Bischof Zollitsch ging mit einem starken Statement an die Öffentlichkeit und sagte unter anderem:
„Sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist immer ein abscheuliches Verbrechen. Ich entschuldige mich bei allen, die Opfer eines solchen Verbrechens wurden. Im Raum der Kirche wiegt der Missbrauch besonders schwer, weil es ein besonderes Vertrauen von Kindern und Jugendlichen in den Priester gibt“ (Quelle: SZ)
Es mag angesichts des Themas kleinkariert erscheinen, dennoch von mir ein Wort an Bischof Zollitsch:

Ihr Wunsch um Entschuldigung für die rkK zu bitten ist ehrenhaft. Nur ist er so, wie sie ihn formulieren, daneben. Denn sie können sich nicht für die Taten anderer entschuldigen. Sie können für ihre Haltung und die der katholischen Bischöfe um Entschuldigung bitten, ja evtl. sogar auch für das Handeln in und durch ihre Kirche. Nur für die Täter können und sollten sie nicht um Entschuldigung bitten.
Ihre Formulierung: „Ich entschuldige mich…“ ist ebenso daneben. Sollte es so einfach sein, sich mit einem schnell
hingeworfenen (im O-Ton der Pressekonferenz war es so zu hören)  „Ich entschuldige mich…“ der Schuld, die mit solchen grausamen Taten verbunden ist, zu entledigen? Ganz sicher nicht! Jemand der Schuld auf sich geladen hat kann sich de facto nicht selbst ent-schuldigen. Die Schuld kann nur von den Betroffenen und von Gott vergeben werden. Darum können Sie in etwa mit Worten wie: „Ich bitte um Entschuldigung…“ eine Entschuldigung erbitten und Sie mögen eine solche Ent-Schuldigung durch Gott und möglicherweise sogar durch Opfer des Missbrauchs dann auch erleben. Sich selbst können Sie sich aber nicht Ent-schuldigen. Tatsächlich klingt ein „ich entschuldige mich…“ in den Ohren der Opfer schnell wie ein ignorantes Wegwischen hochgradig verletzender Schuld.


Neiddebatte in Deutschland
Angestoßen vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu der Festlegung der Regelsätze für Kinder im Rahmen von Hartz IV ist mal wieder in Deutschland die Neiddebatte losgetreten worden. Ganz vorne weg ein Außenminister, von dem man sich zunehmend fragen muss, ob dieser nicht besser durch einen deutlich kompetenteren Kollegen oder Kollegin abgelöst werden sollte.
Ich will hier nicht ins Detail dieser teils intelligenzfreien Äußerungen gehen. Vielmehr möchte ich mich gegen dieses unselige Herumschlagen auf die eh schon enorm benachteiligten Minderheiten in Deutschland verwehren. Es ist schlicht schierer Unsinn bei den Hartz IV-Empfängern ernsthaft davon ausgehen zu wollen, dass die allermeisten von diesen „arbeitsscheues Gesindel“ wären. Das ist schlichtweg eine Beleidigung von Millionen Mitbürgern in Not!
Es ist ebenso schierer Unsinn schon wieder nach mehr Härte gegen „Arbeitsunwillige“ zu rufen. Zum einen machen diese de facto einen kleinen, einstelligen Prozentsatz innerhalb der Hart IV-Empfänger aus. Zum anderen gibt es die Sanktionsmittel diesbezüglich schon lange – welche auch angewandt werden. Sie noch konsequenter anzuwenden ändert genau: Gar nichts!
Genau genommen kosten uns solche, teils wirkungslosen, Sanktionen sogar in erheblichem Maße zusätzliches Geld und binden wertvolle Zeit der Mitarbeiter, die besser in die Ermittlung, Schaffung und Vermittlung von Arbeitsstellen oder auch der sinnvollen Beschäftigung mit anderen Anliegen der Bezugsempfänger eingebracht werden sollte.

Für den notwendigen nüchternen Blick auf die Arbeistlosenproblematik in Deutschland sollte auch unbedingt wahrgenommen werden, dass das Verhältnis der freien Arbeitsstellen zu der ungeschönten Anzahl der Arbeitssuchenden so ist, dass eh lediglich zwischen 7-10% aller Arbeitssuchenden überhaupt eine Arbeit finden könnten! Was soll also, angesichts dieser Zahlen, dieses unselige Herumschlagen auf angeblich arbeitsscheue Hartz IV-Empfänger? Ich kann darin lediglich Polemik und Neid entdecken. Der Neid auf die „Arbeitslosen in der ’sozialen Hängematte‘ Deutschlands“ ist nüchtern betrachtet einfach nur erbärmlich und menschenverachtend.

Männerkongress
Am letzten Wochenende fand in Düsseldorf ein Männerkongress statt. (welt-online berichtete)
Was im säkularen Bereich noch rege Aufmerksamkeit erregt, ist im christlichen Bereich fast schon traditionell. So findet z.B. im April ein weiterer christlicher Männertag in Kassel statt.

Interessant, wenn man die Intention und die Inhalte dieser beiden Tagungen vergleicht. Tatsächlich muss ich sagen, dass mir der Ansatz des säkularen Kongress mehr zu sagen hat, als die Themen der christlichen Tagung. Erwähnt sei hier, dass ich einer christlichen Männerarbeit durchaus positiv gegenüber stehe und an solcher teils sogar aktiv teilnehme.
So stellt der säkulare Kongress die Frage, was nun eigentlich einen Mann tatsächlich ausmacht. Es wird festgestellt, dass weder das Männerbild der Vergangenheit, noch das neue, durch den Feminismus geprägte Männerbild dem Mann an sich gerecht wird. Die Forderung wird laut dass es nun Zeit wird nach der weiblichen Emanzipation nun eine neue männliche Emanzipation stattfinden zu lassen.

Eigentlich sollte das doch die Chance für die Gemeinde Gottes sein, hier zu präsentieren wie Gott sich den Mann gedacht hat. Doch welches Bild haben denn die Christen vom Mann?

Ganz ehrlich? Wenn ich mitbekomme, welches Männerbild unter Christen in Medien und Tagungen verbreitet wird, ist mir oft zum weglaufen!
Nicht nur, dass quasi jeder christliche Mann als ein potentieller Pornographie-Abhängiger betrachtet wird (Dazu fehlt auch in Kassel der Workshop nicht). Ich finde mich als Mann einfach in den üblichen Artikeln und Vorträgen nicht wieder.
Frankjörn Pack hat in der Adam-online dazu einen bemerkenswerten Artikel geschrieben. Dort schreibt er über die Frage: „Warum Männer die Kirche meiden“. Er stellt unter anderem fest:
Bereits im 18. Jahrhundert schrieb Charles Haddon Spurgeon (1834 – 1892): „Es besteht die allgemeine Meinung, um Christ zu werden, müsse man alle Männlichkeit über Bord werfen und ein Schwächling werden.“…
David Murrow kommt in seinem Buch „Why Men hate going to Church“ (Warum Männer es hassen, in die Kirche zu gehen) zu folgendem Ergebnis: „Im Rückblick auf die letzen 100 Jahre findet die Forschung in den Kirchen von England, Spanien, Deutschland und Frankreich ein Muster männlicher Abwesenheit.“ Sein Fazit: „Die Geistlichkeit ist ein Männerklub. Aber jeder andere Bereich des kirchlichen Lebens wird von Frauen dominiert. Wo immer eine große Anzahl von Christen sich versammelt, sind die Männer nie in der Mehrheit. Mit Ausnahme von Männertagungen und Pfarrerkonferenzen können wir uns keine größere Zusammenkunft von Christen vorstellen, welche mehr Männer als Frauen anzieht.“…

Er stellt eine „verweiblichung der Kirche“ fest.
… Männer müssen begreifen, dass geistliches Leben sich nicht im Besuch von Gottesdiensten oder im Singen gefühlvoller Lieder erschöpft. Nachfolge ist Leben mit Jesus mitten im harten Alltag. Da gilt es Kämpfe zu bestehen und Herausforderungen anzunehmen. Dazu braucht es ein fundiertes Wissen über Jesus, aber auch die Bestärkung, dass Jesus derjenige ist, auf den man sich verlassen kann, wenn´s hart auf hart kommt. Das sollten Männer entdecken, wenn sie Bibeltexte oder Predigten hören: Geistliches Leben ist eine Herausforderung für echte Kerle. Da geht’s um mein ganzes Leben: meinen Körper, meine Ängste, meine Fehler und Versuchungen, aber auch meine Erfolge und Leistungen. Ich denke, wir müssen den Männern klar machen, dass Jesus weder ein abgehobener Guru noch ein Super-Therapeut ist, der einfühlsam meine Dinge in Ordnung bringt, sondern der Sohn Gottes, der uns zum Leben ruft….

Die sogenannte Männerarbeit unter Christen ist mir ein echtes Anliegen. Könnten denn nun beide Richtungen der Männerarbeit – die säkulare und die christliche – voneinander profitieren? Ich meine schon. Ob das gelingen wird?

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3 Gedanken zu „Just think about IV“

  1. Hi Charly,

    eine gute, geballte Ladung Wahrheit und Menschenfreundlichkeit… 🙂

    Zu Missbrauchsfälle:

    Stimme Dir total zu:
    Die Ursachen für sexuellen Missbrauch sind doch nicht darin zu suchen, dass ein Mensch keine sexuellen Kontakte hätte… (!)
    Da sollte man schon genauer hinsehen… bevor man das beurteilt.

    Und eine Entschuldigung ist wirklich einfach nur platt…
    Und wie Du schon sagst, wer kann sich schon ent-schuldigen?

    Zu Neiddebatte:

    Ist doch ein Hohn… Diese Debatte gibts schon seit mindestens 30 Jahren und wird pro Forma immer wieder mal losgelöst… Nur nie AUFgelöst..
    Scheint schon seltsam…
    Allerdings nur dann, wenn man im Glauben ist, sie wären ernsthaft an einer Lösung interessiert…

    Zu Männerkongress:

    Ich glaube, wenn viel mehr Männer, viel weniger versuchen würden, mehr Mann zu sein als sie es sind, wären wir der Antwort wie und wieviel Mann ein Mann ist, ein gutes Stück näher….
    So sehe ich das auch für Frauen.

    LG
    Stella

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