Auf Grundlage der Apostel und Propheten

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Bibel
© by Charly Lücker

In der heutigen Zeit begegnen uns unter den Christen wieder zunehmend Prediger und Pastoren, die für sich ein „Amt des Apostels“ oder ein „Amt des Propheten“ in Anspruch nehmen. Das gab es zwar immer wieder, scheint sich zurzeit aber wieder zu häufen.

Epheser 2:20 Ihr seid aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, wobei Christus Jesus selbst Eckstein ist. (Rev. Elb.)

Gerne wird von solchen in Anspruch genommen, dass das NT uns ja sagt, dass die Gemeinde auf der Grundlage der Apostel und Propheten aufgebaut sei und ihnen damit eine besondere Lehrautorität zukomme. Auch nichts neues, kennen wir diesen Anspruch ja z.B. auch aus der rkK.
Doch scheint mir, dass nicht nur hier solche „Apostel und Propheten“ gerne mal ein gründliches Schriftwissen missen lassen. Schauen wir uns also mal an, was Paulus mit der Epheserstelle meint.

Wer schreibt?
Zunächst ist es hier nicht unerheblich zu beachten, wer diese Aussage geschrieben hat. Es war Paulus, welcher nicht als Fischer oder Zöllner in seine neue Berufung als Apostel kam, sondern zuvor gründlich und besonders erfolgreich in Rabbinerschulen gelernt hat. Das wird in all seinen Briefen sehr deutlich. Er kannte sich nicht nur herausragend in den Schriften des heutigen AT aus, er war auch absolut mit den rabbinischen Gebräuchen und hier besonders genannten rabbinischen Sprachgebrauch vertraut. Er ging so selbstverständlich mit Begriffen dieser Gelehrtensprache um, dass es den späteren Auslegern der Schrift, die dieser Sprachgebrauch nicht mehr geläufig war, oftmals Schwierigkeiten bereitet ihn richtig zu verstehen. Selbst zu seinen Lebzeiten schrieb schon Petrus, dass Paulus schwierig zu verstehen sei und seine Aussagen damals schon von Unwisswenden und Ungefestigten im Sinn verdreht wurde:
2 Petrus 3:15 Und seht in der Langmut unseres Herrn die Rettung, wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat, 16 wie auch in allen Briefen, wenn er in ihnen von diesen Dingen redet. In diesen Briefen ist einiges schwer zu verstehen, was die Unwissenden und Ungefestigten verdrehen wie auch die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben. (Rev. Elb.)

Apostel
Wer waren und sind nun die Apostel? Finden wir in allen Stellen des NT, in denen diese erwähnt werden immer die gleiche Personengruppe?
Um es klar zu sagen: Nein!

Vielmehr ergeben sich wenigstens zwei Personengruppen unter den Aposteln im NT.

Die erste Gruppe sind die Männer, die Zeugen der Wirksamkeit Jesu auf Erden waren und mit ihm gingen, wie sie uns u.a. in Matth. 10:2-4 aufgezählt werden. In der Apg. 1:15ff Lesen wir, dass der verstorbene Judas per Losentscheid durch Matthias ersetzt wurde. Diese Gruppe wird im NT auch „die Zwölf“ genannt. Paulus bezeichnet sich selbst auch als einen Apostel, der dieser Gruppe zugehört und beschreibt diese spezielle Gruppe u.a. im 1.Kor. 9. Er nimmt hier die Grundlage, dass diese Gruppe der Apostel u.a. Jesus gesehen haben. Er nimmt für sich in Anspruch, dass er auch Jesus gesehen hat und durch Jesus selbst gelehrt sei. In seiner Verteidigungsrede in Apg. 22 berichtet Paulus davon, dass er von Jesus selbst als Apostel berufen wurde, was in Apg. 13 beschrieben ist. In Apg. 14:14 wird Paulus zusammen mit Barnabas als Apostel bezeichnet. Dies wurde auch von der Gruppe der Apostel in Jerusalem anerkannt.
In dieser Gruppe der Apostel gab es eine weitere Unterscheidung: Zum einen die Apostel, die in Jerusalem blieben und die Apostel, die zu den Heiden gesandt wurden (Petrus und Paulus z.B.)

Die zweite Gruppe unter den Aposteln ergibt sich aus dem eigentlichen Wortsinn heraus: Apostel = griech.: apostolos = Abgesandter, Bote
Es sind also hier Christen gemeint, die von Gemeinden zu bestimmten Diensten ausgesandt wurden. Für diese Gruppe treffen die Kriterien der ersten Gruppe nicht zu.
Solche Apostel gab es auch schon zu der Zeit der ersten Gemeinden. In der ersten noch überlieferten Gemeindeordnung, der „Didache“ finden wir ausführliche Anweisungen, wie mit solchen umzugehen sei. Eine besondere Lehrautorität wird ihnen dort nicht zugestanden.
Die erste Gruppe der Apostel starb natürlich irgendwann aus. Als die Augenzeugen Jesu alle gestorben waren, gab es diese Gruppe logischerweise nicht mehr. Die zweite Gruppe der Apostel wiederum gibt es bis Heute.

Propheten
Propheten gab es sowohl im AT als auch im NT. Aber auch unter diesen gibt es wenigstens zwei wichtige Gruppen:

Zunächst gab es eben immer die Propheten Gottes, die auf prophetischer Weise das Reden Gottes empfingen um diese dem Volk Gottes weiter zu vermitteln. Solche gab es nicht unbedingt wenige, lesen wir im AT sogar von ganzen Prophetenschulen. Und so gibt es im NT auch viele, die prophetisch begabt sind und diese Gabe Gottes an sein Volk ausüben.

Dann gab es aber im AT auch eine bestimmte Gruppe Propheten, die als „die Propheten“ bezeichnet werden. Das sind nicht nur die, die uns durch ihre Schriften im AT bekannt sind, sondern es werden dazu auch Abraham, Moses, Aaron, Samuel, Elia, Elisa, und einige mehr genannt.
Diese Propheten waren es nun, die maßgeblich anerkannt wurden die grundlegenden Lehren des AT gelegt zu haben. Davon lesen wir z.B. im Hebr. 1:1+2
Hebräer 1:1 Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten, 2 hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn, den er zum Erben aller Dinge eingesetzt hat, durch den er auch die Welten gemacht hat (Rev. Elb.)
Im NT gibt es auch eine besondere Gruppe unter den Propheten, die wir z.B. in Eph. 4:11 finden. Diese sind aber nicht mit der Gruppe „der Propheten“ des AT vergleichbar, denn die Besonderheit ihres Dienstes ist es lediglich andere auszurüsten, nicht aber weitere Grundlagen oder neue, über die Lehren der Bibel hinausgehende Offenbarungen zu geben.

Die Grundlage der Apostel und Propheten
So kommen wir nun dazu zu analysieren, wovon Paulus in Eph. 2:20 sprach.
Da Paulus hier von der Grundlage, der grundlegenden Lehre spricht, kann es nicht sein, dass er von den Gruppen der Apostel und Propheten redet, die eher nicht maßgeblich für die Lehre in der Bibel auftreten. Er spricht von der ersten Gruppe der Apostel – die auch „die Zwölf“ genannt wurden (obwohl es wohl wenigstens dreizehn waren) als auch von „die Propheten“ des AT.
Somit sagt Paulus, dass die Gemeinde auf der Grundlage maßgeblichen Lehre des AT (die Propheten) und des NT (die Apostel) gebaut ist, wobei diese Lehren immer von Christus aus, welcher der Eckstein ist, und zu ihm hin gedeutet und ausgelegt werden müssen.

Keineswegs kann man aus dieser und anderen Stellen herauslesen, dass die heutigen Apostel und Propheten eine solch grundlegende Aufgabe haben. Vielmehr lesen wir in Eph. 4:11, dass mehr als diese zwei Gruppen in der NT-Gemeinde zur Lehre eingesetzt sind:
Epheser 4:11 Und er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, 12 zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi, 13 bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Wuchses der Fülle Christi. (Rev. Elb.)

In dieser Bibelstelle wird im Besonderen deutlich, dass alle diese Personengaben Gottes an die Gemeinde dazu beauftragt sind, die anderen derart anzuleiten, dass diese zur vollen Mannesreife gelangen – sprich: sie lehren.
Des Weiteren lesen wir auch, dass auch die Ältesten der Gemeinden lehrfähig sein sollen:
1 Timotheus 3:1 Das Wort ist gewiß: Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk. 2 Der Aufseher nun muß untadelig sein, Mann einer Frau, nüchtern, besonnen, sittsam, gastfrei, lehrfähig (Rev. Elb.)

Es gibt im NT also keine Grundlage für einen elitären Lehrdienst einzelner Personengruppen in der Gemeinde. Vielmehr haben ein gute Anzahl Gruppen mit besonderen Aufgaben die Aufgabe die Grundlagen zu lehren, die uns durch die Apostel und Propheten gebracht wurden. Und wir dürfen gerne davon ausgehen, dass sich solche „Apostel“ und „Propheten“, die einen elitären Lehrdienst für sich beanspruchen, anmaßend geben. Vielmehr gilt für alle in der gesamten Gemeinde Gottes, dass was Paulus über die Erkenntnis geschrieben hat:
1 Korinther 13:9 Denn wir erkennen stückweise, und wir weissagen stückweise
1 Korinther 13:12 Denn wir sehen jetzt mittels eines Spiegels, undeutlich, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie auch ich erkannt worden bin.
1 Korinther 8:2 Wenn jemand meint, er habe etwas erkannt, so hat er noch nicht erkannt, wie man erkennen soll
(Rev. Elb.)

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