Palästinischer Wassermangel und evangelikale Terroristen

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Zwei aktuelle Medienberichte bedürfen einer Richtigstellung, da hier tendenziös und zum Teil auch bewusst falsch berichtet wurde. Es geht um die Meldung der „Tagesschau“ über Wassermangel bei Palästinensern im Westjordanland vom 14.08.2016. Und es geht um die zunehmende Gleichstellung von Evangelikalen mit islamistischen Terroristen.

Zur Meldung der „Tagesschau“ über Wassermangel bei Palästinensern im Westjordanland bringt das „israelnetz“ eine Richtigstellung, die die Tagesschaumeldung in ihrer tendenziellen Berichterstattung deutlich macht.

Zitate daraus:

Ein „Tagesschau“-Bericht über Wassermangel bei Palästinensern verschweigt wesentliche Fakten. Auf diese Weise vermittelt er ein einseitiges Bild, in dem die Israelis als die Schuldigen dastehen. …

Nun zur Reportage von Markus Rosch. Er berichtet über die Ortschaft Salfit, ohne mitzuteilen, wann er die Reportage gedreht hat. Vor etwa zwei Wochen hat es wegen schlechter Instandhaltung einen Rohrbruch bei einer Hauptleitung gegeben. Einige Tage lang war tatsächlich in Salfit das Wasser knapp – wie auch in Siedlungen, die alle über das gleiche Rohr versorgt wurden.

Rosch erwähnt nicht, dass es sich hierbei um Wasser handelt, das von Israel in das Westjordanland gepumpt wird. Er sagt auch nicht, ob er seine Reportage ausgerechnet während dieses Rohrbruchs gedreht hat. …

Rosch schwenkt mit der Kamera in Richtung einer Siedlung und auf das Schild nach Schiloh. Rosch sagt: „Doch während Siedlungen wie Schiloh, das in der Nähe von Salfit liegt, viel Wasser bekommen, gehen palästinensische Dörfer oft leer aus.“ Anstatt in der Siedlung mal nachzufragen oder mit einem israelischen Hydrologen zu sprechen, bleibt es bei seiner Behauptung, ohne jegliche Nachweise.

Im Gegenteil. Rosch trifft sich mit dem deutschen Hydrologen Clemens Messerschmid. Über Messerschmid sei hier erst einmal erwähnt, dass er Empfänge der deutschen diplomatischen Vertretung in Ramallah grundsätzlich aus ideologischen Gründen boykottiert. Er scheint also nicht in deutschen Diensten zu stehen. …

Rosch verschweigt zudem, dass Israel heute etwa ein Drittel mehr Wasser in die palästinensischen Gebiete pumpt, als es in den Osloer Verträgen festgelegt ist. Er verschweigt auch, dass etwa 40 Prozent des verfügbaren Wassers bei den Palästinensern wegen maroder Infrastruktur verloren geht. In Israel und in Europa sind 10 Prozent Wasserverlust „normal“.

Während in Israel etwa 90 Prozent das Abwassers geklärt und in separaten Rohren der Landwirtschaft zugeführt wird, haben die Palästinenser Lieferungen billigen geklärten Wassers für ihre Landwirtschaft abgelehnt mit dem Argument: „Eure Sch … wollen wir nicht“. So vergeuden palästinensische Bauern weiterhin kostbares Trinkwasser in traditionell verschwenderischer Weise für ihr Gemüse auf den Feldern.

Wasserrechnungen bleiben unbezahlt

Abschließend sei hier erwähnt, dass viele Palästinenser ihre Wasserrechnung nicht bezahlen. In der Folge hat sich ein Schuldenberg in Millionenhöhe für Strom und Wasser angehäuft. Rosch hat sich nicht die Mühe gemacht, die Familie Osman nach ihrer monatlichen Rechnung zu befragen. Dass Israel dennoch weiterhin Strom und Wasser liefert, liegt am internationalen Druck und an der Selbstverständlichkeit, dass die Israelis die Palästinenser weder verdursten noch im Finsteren sitzen lassen wollen.

Wie man also nachlesen kann, wurde hier mal wieder ein erschreckend einseitiger Bericht gegen Israel unkritisch und nicht auf Stimmigkeit überprüft verbreitet – und das von einem öffentlich-rechtlichen Sender! Traurig genug, dass dies kein Einzelfall ist.

Zu dem zunehmenden Vergleich Evangelikaler mit islamistischen Terroristen bringt Thomas Schirrmacher eine Richtigstellung, die auch mit der urban Legend der Abtreibungsärzte tötenden Evangelikalen aufräumt.
Auf der Seite der evangelischen Allianz ist der Artikel zu lesen.

Zitate hieraus:

1 Die Süddeutsche Zeitung erklärt Evangelikale zu schießwütigen Mördern

Zu den billigsten und erfolgversprechendsten Verleumdungen Andersdenkender gehört derzeit, sie mit IS und islamistischem Terrorismus in einen Topf zu werfen. …

Ein selbsterklärter IS-Anhänger tötet 50 Gäste einer Schwulenbar, die er selbst häufiger aufgesucht hat (www.welt.de). Die WELT spricht gar von schwulem Selbsthass (www.welt.de).

Die Süddeutsche schrieb dazu: „Für diese Tat hätte er genauso gut auch ein evangelikaler Christ gewesen sein können.“ …

Was, außer Hass auf Evangelikale, könnte so eine Aussage verständlich machen? 

• Erschießen Evangelikale öfter Homosexuelle? Mir ist kein Fall weltweit bekannt.

• Laufen Evangelikale öfter zu IS über? Auch hier Fehlanzeige.

• Veranstalten Evangelikale öfter mal Schießereien in der Öffentlichkeit? Auch hier bringt das Web keinen Fall zutage.

• Erschießen Evangelikale wenigstens Abtreibungsärzte? Auch das ist frei erfunden, obwohl es schon so oft in der Öffentlichkeit wiederholt wurde, dass es Bürger auf der Straße tatsächlich glauben. Die führenden Verbände der Abtreibungskliniken in den USA selbst erheben den Vorwurf nicht!

• Und schließlich: Gibt es evangelikale Kirchen, die solcherlei Dinge auch nur andeutungsweise befürworten? Obwohl ich oft nachgefragt habe: Einen Beleg dafür hat mir noch keiner vorgelegt, der Evangelikale als gefährlich hinstellt. …
Selbst wenn es auch nur einen einzigen leibhaftigen evangelikalen oder pentekostalen Terroristen gäbe und nur ein einziges Mitglied einer evangelikalen Kirche, der einen Abtreibungsarzt umgebracht hätte: Darf man deswegen eine halbe Milliarde Menschen mit ihnen in einen Topf werfen und als verkappte Terroristen beschimpfen?  …

2 Gegen Ramelows Großstadtmythos: Kein Evangelikaler hat je einen Abtreibungsarzt erschossen

Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) sagte in der ZDF-Fernsehsendung „Maybrit Illner“ vom 31. März zum Thema „Terrorismus: Was tun gegen islamistische Gewalt?“ etwa in der Mitte der Sendung:

„In Amerika gibt es selbst ernannte Evangelikale, die der Meinung sind, sie könnten Abtreibungsgegner [gemeint sind wohl Abtreibungsbefürworter] oder Abtreibungskliniken überfallen und Menschen umbringen, erschießen, die sich für Abtreibung einsetzen.“ …

Also habe ich mir – wie für ein ausführliches Gutachten 2008 und erneut 2009 [PDF] – wieder alle Daten und Ereignisse angeschaut, ob denn zwischenzeitlich wenigstens ein einziges Mal ein Evangelikaler verdächtigt worden ist, einen Abtreibungsbefürworter umgebracht zu haben. Immer noch gibt es keinen einzigen Fall!

Ramelow zitiert eindeutig einen Großstadtmythos, der sich längst verselbstständigt hat. …

Erst einmal allgemein zu Fällen von Morden im Zusammenhang mit Überfallen auf Abtreibungskliniken. Seit 1998 gab es einen einzigen Fall von 2009 und dann einen weiteren unklaren Fall von 2015. Das soll eine Parallele zum islamistischen Terrorismus sein? So furchtbar jeder Mord ist, für die USA ist das eine erstaunlich geringe Zahl!

Geht denn wenigstens der Fall von 2015 auf das Konto von Christen? Nein, jedenfalls behauptet das niemand in den Medien, in den Polizeiverlautbarungen, der anklagenden Staatsanwaltschaft oder auch in den Berichten der großen Pro-Abtreibungsverbände und Abtreibungsklinikbetreiber in den USA. Der Prozess wurde abgebrochen, da der Täter offensichtlich in ein psychiatrisches Krankenhaus, nicht vor Gericht gehört.

Auch 2016 muss man sagen: Es handelt sich um ein Problem der USA. Seit 2009 sind außerhalb der USA keine Fälle bekannt geworden, auch nicht in Kanada und Australien, wo es so etwas früher in Einzelfällen einmal gab. Bisher gehen 99% aller solcher Fälle auf das Konto der USA.

Also auch hier ist nichts so wie behauptet. Weder sind Evangelikale mit islamistischen Terroristen vergleichbar, noch gibt es die so oft beschworenen evangelikalen Abtreibungsärztemörder.

Es bleibt wie so oft: Erst selbst denken und prüfen, bevor man (selbst öffentlich-rechtlichen) Medien einfach mal so glaubt.

P.s.: Dieser Artikel will bewusst nicht mit dem Lügenpresse-Vorwurf aus den rechts-verdummten Kreisen verbunden werden. Nüchtern sachliche Kritik ist immer gefordert. Dazu braucht es keine Verschwörungstheorien.

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Die ARD reagiert auf diesen Bericht folgendermaßen: (Quelle „pro“)
Zitate hieraus:

Das ARD-Studio in Tel Aviv hat Vorwürfe zurückgewiesen, es habe verzerrend über die Wasserversorgung der Palästinenser im Westjordanland berichtet. Die Mitarbeiter seien außerdem „traurig, darüber, dass unseren palästinensischen Protagonisten Lügen unterstellt werden“. …
„Diese Unterstellung ist falsch! Als wir gedreht haben, galt der Rohrbruch als repariert“, erklären die Journalisten. „Wir verwahren uns somit dagegen, dass man uns einer solchen Manipulation bezichtigt. Vor allem aber sind wir traurig darüber, dass unseren palästinensischen Protagonisten Lügen unterstellt werden.“ …

„Schockiert von Angriffen auf Interviewpartner“

Die ARD-Korrespondenten führen Beiträge der Weltbank und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an, um zu belegen, dass Wassermangel im Westjordanland zum Alltag gehöre. Ein ebenfalls häufig geäußerter Vorwurf gegen den ARD-Beitrag lautet, der zu Wort kommende Interviewpartner Clemens Messerschmid, im Beitrag als Clemens Wasserschmid tituliert, sei ein pro-palästinensischer Aktivist und nicht glaubwürdig. „Auch hier stellen wir uns mit Nachdruck vor unseren Interviewpartner, der wie wir selbst von den Angriffen auf seine Reputation schockiert ist“, so die Journalisten. Messerschmid habe als Hydrologe für internationale Organisationen gearbeitet und berate auch die Landeszentralen für politische Bildung, Abgeordnete und Schulbuchverlage. Die Behauptung von Sahm, Messerschmid habe behauptet, „Israel hätte Staudämme gebaut, um dann Gaza zu fluten“, streite Messerschmid als „fabriziert“ vehement ab. Er distanziert sich auch von anderen, nach eigenen Aussagen, „fabrizierten und nicht belegbaren Behauptungen“.

Auch Fehler werden eingeräumt

Gleichwohl bedauern die ARD-Reporter, für ihren Film nicht auch einen israelischen O-Ton eingeholt zu haben. „Grund dafür war, dass wir wegen eines hohen jüdischen Feiertages nicht in einer der angefragten Siedlungen drehen durften und uns auch die angefragten Experten abgesagt haben.“ Deswegen sei die israelische Seite nur aus einem Beitrag einer Hörfunkkollegin zitiert worden. Aus journalistischer Sicht habe man dies für vertretbar gehalten, weil sich die israelische Argumentation in so kurzer Zeit nicht ändere. „Es ist uns aber bewusst, dass dies für viele Zuschauerinnen und Zuschauer ein Ungleichgewicht an Experten-Tönen dargestellt hat. Wir haben in diesem Fall der Schnelligkeit den Vorrang gegeben. Wir lernen aus Ihren Anmerkungen, dass wir dies künftig anders handhaben.“

Schließlich weisen Rosch und Glass darauf hin, keine israelischen Swimmingpools gezeigt zu haben, um auf den überproportional hohen Wasserverbrauch in israelischen Siedlungen hinzuweisen.

Weitere Kritik an Messerschmid als Experten

Der Chefredakteur von Bild.de, Julian Reichelt, kritisierte die Stellungnahme der ARD. Auf Twitter stellte er unter anderem die Glaubwürdigkeit von Messerschmid als Experten in Frage und wies auf einen Beitrag des Hydrologen von 2002 hin. Darin bezeichnet Messerschmid die „israelische Besatzung“ als Grund für den Nahost-Konflikt und nennt den Kampf der Palästinenser dagegen einen „Befreiungskampf“. „Die palästinensischen Kampfformen sind eine Antwort auf die Besatzung, nicht umgekehrt“, schrieb Messerschmid. Sein Text ist ein Manifest mit 49 Punkten darüber, wie Linke ihre politische Positionierung zum Nahostkonflikt finden können. Mehrfach wird Israel darin Terror gegen die palästinensische Zivilbevölkerung vorgeworfen. Reichelt nennt dies eine „nicht gerade subtile Rechtfertigung von Terrorismus“. (pro)

Mein Fazit: Es hätte mich geradezu gewundert, wenn diese Journalisten nicht völlig von ihrer extrem einseitigen und propagandistischen Berichterstattung überzeugt wären. Ihr Problem ist offensichtlich, dass sie nicht mehr in der Lage sind neutral und sachlich zu berichten. Traurig und erschütternd ist hier eigentlich nur, dass die ARD, die eigentlich zur Sachlichkeit und Neutralität verpflichtet ist, solchen Leuten immer noch Raum und eine Stimme gibt.

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Update 16.8.2016, 16:30 Uhr

Der Journalist Ulrich Sahm, der den ARD-Bericht zuvor kritisiert hatte, hat seinerseits auf die Erklärung der Korrespondenten reagiert. In einer umfangreichen Erklärung wirft er den ARD-Reportern unzureichende Recherche vor. Beispielsweise hätten diese überprüfen müssen, ob der Ausfall der Wasserversorgung die gesamte palästinensische Stadt oder nur einen Stadtteil betrifft, und ob die im Beitrag gezeigten Protagonisten etwa eine Wasserrechnung zur Überprüfung ihres Verbrauchs hätten vorlegen können.

Weitere Fragen Sahms sind, welcher „hohe jüdische Feiertag“ das Einholen israelischer O-Töne verhindert habe. „In dieser fast feiertagslosen Sommerzeit gibt es seit Juni nur Tischa Be‘Av. Und der wurde am 14.8. begangen, am Tag der Aussendung Ihres Beitrags“, schreibt Sahm. „Es ist unvorstellbar, dass Sie den Film ausgerechnet an einem Sonntag recherchiert, gedreht und ausgestrahlt haben, zumal es drei Wochen zuvor schon den Radiobericht gab. Es wäre auch hilfreich zu erfahren, bei welchen israelischen Experten Sie angefragt haben. Nur so könnte man nachforschen, warum die alle abgesagt haben. Der Fastentag wäre kein triftiger Grund gewesen.“

Über den Hydrologen Clemens Messerschmid schreibt Sahm, dass dieser immer wieder äußerst anti-israelische Äußerungen hinterlassen habe, sodass es kein Wunder sei, dass seine Reputation zur Diskussion stehe. Das ARD-Argument, dass Messerschmid auch Schulbuchverlage berate, sage nichts über dessen Glaubwürdigkeit aus.

Sahms vollständige, mit zahlreichen Links versehene Antwort auf die Erklärung der ARD ist hier zu lesen. (pro)

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Ein Gedanke zu „Palästinischer Wassermangel und evangelikale Terroristen“

  1. Update 19.08.16 Quelle Pro-magazin

    Die ARD will einen „Tagesschau“-Beitrag über die Wassernot der Palästinenser, in dem Israelis nicht zu Wort kamen, nachbereiten. Das machte die Fernsehanstalt deutlich, nachdem ihr Kritiker Einseitigkeit vorgeworfen und Programmbeschwerden eingereicht hatten.
    Einen „Tagesschau“-Bericht vom Sonntag über Wassermangel bei Palästinensern will die ARD nachbereiten. Das meldet das Berliner Tagesspiegel. Für den Beitrag, der die Wasserverteilung für jüdische Siedler und Palästinenser im Westjordanland aufgriff, holte der ARD-Korrespondent Markus Rosch keinen israelischen O-Ton ein. Kritiker werfen ihm deswegen eine einseitige Berichterstattung vor.

    Dem Norddeutschen Rundfunk liegen unterdessen drei Programmbeschwerden zu dem Beitrag vor, meldet die Tageszeitung Die Welt. Der für das Tel Aviver Studio verantwortliche Sprecher des Bayerischen Rundfunks, Markus Huber, sagte dem Tagesspiegel, die Debatte um den Beitrag habe gezeigt, „um welch sensibles Terrain es sich hier handelt“. Aus den Reaktionen der vergangenen Tage schlussfolgert er: „Wir bleiben deshalb an diesem wichtigen Thema weiter dran und werden nach Abschluss unserer Recherchen darüber berichten.“ …

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