Salafisten in Mönchengladbach

Lesezeit: 5 Minuten
© Charly Lücker

Angeregt durch die ausführliche Berichterstattung in den regionalen und auch überregionalen Medien (z.B. WZ und RP) wollte ich mir am gestrigen Freitag selbst ein Bild von der Konfrontation zwischen Bürgern von Mönchengladbach und den dort ansässigen Salafiten machen.

Salafisten sind Moslems, die es als Gruppierung im Islam ganz besonders genau nehmen und durchaus unter den Moslems eine Sonderstellung einnehmen. Näheres dazu hier.

Laut Verfassungsschutzaussagen gibt es Zusammenhänge zwischen Salafisten in Deutschland und islamischen Terrorgruppen. Auch wenn die Salafisten immer wieder beteuern, dass sie jegliche Gewalt und Terror ablehnen, bereiten sie extrem gesinnten Menschen den Weg zum gefährlichen Extremismus. Dazu trägt durchaus auch bei, dass Salafisten jegliche Demokratie und alle Staatsformen eigentlich ablehnen, die nicht ihrer Vorstellung eines islamischen Gottesstatt entsprechen. Sie halten sich zwar an die verordneten Gesetze, lehnen viele davon in ihrem Herzen und ihren Lehren aber ab. Sie distanzieren sich ebenfalls von anderen Moslems, die ihrer Meinung nach Kompromisse mit anderen Gesellschaften eingehen. Sichtbar wird diese grundsätzliche Haltung auch in der Kleiderordnung für Mann und Frau. Nicht wenige der Ehefrauen tragen nicht nur das traditionelle Kopftuch, sondern Ganzkörperverschleierungen der unterschiedlichen Art, bis hin zur kompletten Gesichtsverschleierung mit der Hidschab. Ebenso tragen die Männer traditionelle Gewänder und einen langen Vollbart.

Seit rund fünf Jahren hat eine Gruppe der Salafisten in Mönchengladbach eine Versammlungsstätte, die sie ihre Moschee nennen. Im Gespräch mit einem anderen Moslem, der wenig übrig hatte für die Aktivitäten der Salafisten, erläuterte dieser mir, dass diese Versammlungsstätte unter den ortsansässigen Moslems nicht als Moschee anerkannt sei. Dieser hatte auch wenig dafür übrig, dass die Salafisten seit Schließung ihrer Versammlungsstätte aufgrund fehlender Nutzungsrechtsänderungen durch die Stadt, ihre Freitagsgebete nun auf dem Marktplatz des Ortsteils durchführen. Das sei doch ein unreiner Ort. Wie man denn an einer Stelle beten könne, wo sonst Hunde und andere ihre Notdurft verrichten würden, kann er nicht verstehen.

Diese Gebete und Proklamationen auf dem Marktplatz haben zu reichlich Ärger geführt. Aber auch zu regelmäßig mit Kamera und Mikrophon angereisten Medienvertretern. Ein Schauspiel, dem man sich schwer entziehen kann. Wenn man das Gebet beobachtet fühlt man sich fast in ein konservatives arabisches Land versetzt.

Als dann bekannt wurde, dass eine Islamschule aus Braunschweig, die vom dortigen Verfassungsschutz beobachtet wird, in den Räumen der Salafisten ansässig werden will, traten Mönchengladbacher Bürger zum öffentlichen Protest an.

Ich kam zum Ende des öffentlichen Freitagsgebets an und mischte mich unter die Zuschauer. Ich sprach mit Anwohnern, verschiedenen Moslems und einzelnen Salafiten. Nebenher lauschte ich den Verkündigungen seitens Salafisten und anschließend der protestierenden Bürger.

Die Kundgebung der Salafisten wurde nicht durch Außenstehende gestört. Allerdings gab es solche Störungen durchaus bei früheren Kundgebungen. Die anschließende Kundgebung der protestierenden Bürger wurde allerdings durch einzelne Salafisen gestört. Emotionen kochten hoch und für einen Moment war ich mir nicht sicher, ob ich mich nicht besser deutlich zurückziehen sollte um eventuellen Ausschreitungen zu entgehen. Die anwesende Polizei sorgte aber dafür, dass es keine Eskalationen gab.

Im Gespräch mit den Bürgern hörte ich Wut und Ärger, den ich nachvollziehen kann. Allerdings hörte ich auch Vorurteile und Aburteilungen, die eher einem Stammtischniveau entsprechen als einer sachlichen Auseinandersetzung. So musste ich auch miterleben, dass einzelnen Salafisten auf diesem niedrigen Niveau aggressiv begegnet wurde. Umgekehrt sah ich allerdings auch, dass von Seiten der Salafisten dieses Niveau angeschlagen wurde.

Ich frage mich, was aus Begegnungen dieser Art herauskommen soll? Wohl kaum ein wachsendes Verständnis noch ein funktionierendes Gespräch zwischen den Parteien.

Ich suchte das Gespräch mit Initiatoren der protestierenden Bürger, hatte dabei aber weniger Glück. Was ich vergeblich suchte war eine deutliche Information, wogegen diese Bürger eigentlich genau sind. Bei so manchem wirkte es so, dass die Andersartigkeit der Salafisten allein schon Grund genug sein könnte, gegen diese zu sein. Das ist kaum eine Haltung, die wir uns in Deutschland leisten sollten. Dabei gibt es in Bezug auf die Salafisten durchaus Fakten genug, wogegen sich ein aufgeklärter Mensch richten kann.

Im Gespräch mit verschiedenen Moslems, die nicht zu den Salafisten gehörten, begegneten mir unterschiedliche Haltungen. Von klarer Ablehnung bis hin zu doch recht oberflächlicher Zustimmung. So kam ich mit einer Gruppe junger Moslems ins Gespräch, als Pierre Vogel, der immer wieder aus Köln anreisende Redner der Salafisten, der Bundesregierung vorschlug in Problemvierteln mancher Großstädte für eine Zeit lang die Scharia einzuführen. Seiner Überzeugung nach, würde innerhalb eines Jahres die Kriminalitätsrate dann auf Null zurückgehen. Diese jungen Männer hinter mir begrüßten diesen Vorschlag mit lauten Rufen. Im Gespräch mit mir relativierten sie diesen Zuspruch aber recht schnell. Spätestens als ich aufzeigte, dass das deutsche Volk, zu dem ich mich zähle, im letzten „Reich“ und in der DDR kläglich daran gescheitert ist, Gewalt und exzessive Kontrolle als Grundlage einer Gesellschaft zu installieren.

Meine Begegnungen mit manchen Salafisen waren eher durch Diskussionen über Glaubensinhalte geprägt. Da ich mich immer deutlich als gläubiger  Christ bekannte, der sich zumindest anfänglich mit Inhalten des Islam auseinandersetzt, ist das wohl eher nicht verwunderlich. Hier erfuhr ich aus erster Hand, dass so mancher Protest gegen die Auffassungen der Salafisten durchaus berechtigt ist. Mir begegneten aber auch hier freundliche und respektvolle Moslems. Womöglich hatte ich als ebenfalls gläubiger Mensch einen Respektbonus. Zumindest bemühte ich mich immer deutlich zu machen, dass ich grundsätzlich ihre Art zu glauben respektiere, wenn ich auch dem in manchen Punkten nicht zustimme.

Ich erlebte auch unter den Salafisten, dass längst nicht alle den Rednern in allen Punkten zustimmen. Ebenso waren längst nicht alle anwesenden Salafisten mit allem Gegenprotest aus den Reihen der Salafisten gänzlich einverstanden. Deutlich wurde mir hingegen gezeigt, dass solche respektvollen Gespräche, wie wir sie übten, eher gesucht werden.

Solche Gespräche zeigen mir, dass eine gelingende Kommunikation in Mönchengladbach dringend notwendig ist. Notwendiger vielleicht als lauter Protest gegen Dinge, die man offensichtlich weder kennt noch versteht.

Beim Zuhören der Proklamationen seitens der Salafisten bekam ich den Eindruck, dass hier ein gepflegtes Halbwissen mit teils charismatischen Auftreten verbunden ist. Manche Aussagen zeigten auf, dass so manche Polemik aus dem Erleben von Abgrenzung und nicht Verstehen kam. Aber auch aus religiös geprägter Propaganda. Insbesondere das Auftreten von Pierre Vogel zeigte, dass er zwar eine ganze Menge an Wissen und Fähigkeiten um den moslemischen Glauben errungen hat. Er geizte nicht damit aufzuzeigen, dass er anscheinend den Koran fließend in Arabisch zu zitieren weiß. Ebenso bemühte er sich Inhalte der Bibel zu kommentieren. Mir wurde aber recht schnell deutlich dass viel Wissen angehäuft zu haben auch in seinem Fall offensichtlich nicht bedeutet dieses Wissen auch wirklich zu verstehen und anwenden zu können. So waren seine Kommentare zu Politik und auch Bibel eher dazu geeignet das Gefühl zu erwecken, dass er nicht wirklich Ahnung von dem hat worüber er da sprach. Es wirkte eher wie charismatisch vorgebrachte billige und wenig intelligente Polemik. Also genau die Mischung, die ich schon in ganz anderen gesellschaftlichen Kreisen als gefährlich erlebt habe. Ich hege starke Zweifel, dass eine gelingende Kommunikation zwischen den Bürgern und Pierre Vogel möglich ist. Mit ihm und anderen seiner Art scheint mir der sich mehr und mehr zuspitzende Konflikt eher unvermeidlich.

Eine kurze Vorstellung von Pierre Vogel und warum er nicht als harmlos einzustufen ist, berichtet Welt-online.

Diese ganze Geschichte macht mir auch in anderen Bereichen Sorgen. Denn die dort geschürte, teils wirklich berechtigte Ablehnung einer religiösen Gruppe kann sich ganz leicht in eine generelle Ablehnung und Unterdrückung aller nicht liberalen religiösen Auffassung entwickeln. Also zum Beispiel auch einer zunehmenden Unterdrückung christlicher Gruppen, die ihren Glauben sehr ernst nehmen und dem liberalen Trend entgegenstehen. So müssen wir bereist seit geraumer Zeit in den Medien eine völlig unqualifizierte und aburteilende Berichterstattung über Evangelikale erleben. Ich bezweifle stark, dass die meisten der protestierenden Bürger zwischen Salafiten und Evangelikalen zu unterscheiden wüssten.

Wer sich selbst ein Bild machen möchte, kann auf Youtube einfach unter „Mönchengladbach“ suchen. Dort sind eine Unzahl Videos vor allem von den Salafisten und deren Anhängern eingestellt worden.

Fortsetzung

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8 Gedanken zu „Salafisten in Mönchengladbach“

  1. „Du Dich da gewesen bist“…. wolltest du zuerst schreiben, dass ich mich dorthin getraut habe? 😉

    Ja, das war und ist mir noch ein Stück wichtig. Ich finde, wir Christen können uns da nicht heraus halten. Wiewohl es ebenso schwer für mich ist, da eine Stellung zu finden. Denn bisher kann ich weder das eine, noch das andere wirklich bejahen.

  2. Guten Tag,

    auch ich gehöre zu den Mönchengladbacher Demonstranten gegen die Ansiedlung der „Islamschule“ des Braunschweiger Salafisten Muhamed Seyfudin Ciftci genannt Abu Anas. Auf den Blogs

    Keine Scharia
    Ein Grundgesetz für alle
    gleichberechtigungjetzt.wordpress.com/

    und

    One Law For All
    Mönchengladbach ohne salafistische Islamschule
    eickener.wordpress.com

    finden sich nähere Informationen, etwa in den beiden Offenen Briefen, die der Oberbürgermeister Norbert Bude und die städtische Gleichstellungsbeauftragte Brigitte Brouns erhielten.

    Mit freundlichen Grüßen
    Edward von Roy

    Hinweis: Diese Seiten sind keine offiziellen Seiten der Eickener Bürgerbewegung oder dem Verein „Bürger für MG“

  3. Pingback: Zum Internetmissionar berufen » Was Internetmissionare von Islamisten und Islamkritikern lernen können » Internetmissionar & kreative Evangelisation & Christliche Blogs & Helfende Missionare & Fundraising Web 2.0
  4. „Bürger für Mönchengladbach“ künftig mit oder ohne „Interessengemeinschaft gegen Salafisten“?

    Mittlerweile droht Zwist innerhalb des (aus der nach wie vor bestehenden, informell gebliebenen Bürgerinitiative Eicken entstandenen) Vereins „Bürger für Mönchengladbach e. V. i. Gr.“, als deren prominenteste Figur der Jurist und Theologe Wildfried Schultz gilt.

    Aufgrund inhaltlicher, methodischer und persönlicher Differenzen hat sich seit ein paar Tagen die von Peter Brockers (Pressesprecher) geführte …

    „Interessengemeinschaft gegen Salafisten“

    http://interessengemeinschaftgegensalafisten.blogspot.com/

    … herausgebildet. Noch ist anscheinend nicht klar, ob diese „Interessengemeinschaft gegen Salafisten“ in den kommenden Monaten ein Arbeitskreis innerhalb der „Bürger für Mönchengladbach“ bleiben will oder darf, oder aber einen zweiten Verein gegen die Ansiedlung der ISLAMSCHULE darstellt. Brockers ist zur Zeit Vorstandsmitglied der Bürger für Mönchengladbach.

    Die salafistischen Kalifatsfreunde (um die es ja eigentlich geht) werden ein wenig schmunzeln angesichts des vereinsinternen ‚Glaubenskriegs‘, aber Zerwürfnisse sind etwas sehr Menschliches.

    Wilfried Schultz, um eine gewisse Monopolisierung des Islamdeutens und Islamerklärens über seine eigene Person bemüht, hält die Abspaltung, er sagt „Trittbrettfahrer“, für überflüssig und sogar für schädlich.

    Diese geben sich verschnupft: „Wir sind keine Trittbrettfahrer…, wir wollen, dass das Problem der Salafisten optimal im Sinne der Bürger gelöst wird“.

    Näheres weiß die Rheinische Post:

    Salafisten: Zoff in Bürgerinitiative Eicken

  5. Manchmal bewirkt auch der Zwist etwas Konstruktives, die aus der Gruppe „Bürger für Mönchengladbach“ heraus entstandene „Interessengemeinschaft gegen Salafisten“ jedenfalls baut sich eine Homepage auf:

    Interessengemeinschaft gegen Salafisten. Aufklärung über Salafismus und religiösen Fundamentalismus
    – Aufruf zum politischen Handeln zum Schutz unserer Demokratie

  6. Gegen Salafismus statt gegen Salafisten

    Mönchengladbach (igs). Um zu verdeutlichen, dass sie sich nicht gegen fehlgeleitete oder sinnsuchende Menschen, sondern gegen eine Ideologie richtet, wird sich die aus der Gruppe „Bürger für Mönchengladbach“ heraus entstandene „Interessengemeinschaft gegen Salafisten“ in Kürze umbenennen zur „Interessengemeinschaft gegen Salafismus“.

    Nur drei kleine Buchstaben – und eine Menge Gedanken.

    In Kürze wieder mit Homepage online.

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