Europa zwischen herausragenden Leistungen und Selbstmitleid

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An Silvester kommt man in den Medien an den ganzen Jahresrückblicken kaum vorbei. Das hat auch seine Berechtigung und es ist es wert, am Ende des Jahres noch einmal zurück zu denken und zu sehen, was alles gewesen ist. Doch es wird mehr darin offenbar als nur die simplen Fakten. Auch die Einstellung zu dem, was geschehen ist und zu den Themen wird sichtbar.

In diesem Jahr wird eins in meinen Augen überdeutlich: Wie unterschiedlich die Leistungen Europas sind zu der Sicht Europas auf sich selbst.

Zum einen erweist sich Europa als Teil der westlichen Welt, welche gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich Spitzenleistungen erbringt. Das wäre Grund genug, angesichts der Zustände im Rest der Welt, zufrieden und auch stolz darauf zu sein.
Bei allem, was es sicherlich zu verbessern gilt, so hat Europa sich aktuell auch als kompetent erwiesen, den möglicherweise größten Flüchtlingsstrom bisher zu meistern. Klar, es gibt viel darin zu verbessern, aber unterm Strich ist es bisher gut gelaufen.

Gleichzeitig bejammert sich Europa in einem Maße selbst, dass es nur noch beschämend ist. Von den Bewohnern Europas, die sich erfolgreich einem intelligenten Umgang mit den Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die Zuwanderung, verweigern, mal ganz abgesehen. Das was mir am meisten aufstößt ist das übersteigerte Opfergehabe, welches wir anscheinend erfolgreich von den selbstverliebten Amerikanern kopieren.

Ja es stimmt, in diesem Jahr hat Frankreich zwei Terroranschläge erfahren müssen. Europa wurde wieder einmal bewusst, dass Terror vor Grenzen keinen Halt macht. Jedes Terroropfer ist wie jedes Kriegsopfer auch, zuviel. Jedes dieser Opfer und deren Angehörige gehört unsere Anteilnahme und unser Gedenken. Gegen eine gesunde Trauerkultur will ich auch wirklich nichts sagen. Einer solchen gilt mein Respekt.

Aber die Trauer sollte nicht, wie geschehen, in ein abstoßendes Selbstmitleid umschlagen. Ja, wir mussten wieder einmal Terror unter uns erleben – das macht uns aber weder besonders noch einzigartig. Tatsächlich ist der Terror, den wir in Europa bisher erleben mussten, nur gering im Vergleich mit dem Terror, den andere Staaten und vor allem die Bewohner dieser Staaten alltäglich erleben müssen. (Erinnern wir uns zB hieran) Und doch gebärdet sich Europa nun, als wäre es zum größten Opfer des Terrors geworden. Mit stolz geschwellter Brust macht der französische Staatspräsident Hollande einen auf klein-George Bush und versammelt andere europäische Nationen zu einem Unrechtsgegenschlag gegen den IS. Das der IS auch militärisch bekämpft werden muss, ist mir klar. Doch nun selbst ggf. hunderte Menschen (hoffentlich nicht noch viel mehr) aus Rache zu töten, ist viel schlimmer als der Terror durch wenige Idioten.
Das, was wir aus den Terroranschlägen in Europa lernen müssten ist, dass dieser aus unseren eigenen Reihen kam, von Menschen, die bei uns aufgewachsen sind und unter den üblen Einfluss von z.B. dem IS geraten sind. Der eigentliche Kampf gegen den Terror müsste also unter uns geschehen. Das ist allerdings weitaus schwieriger und komplizierter als Luftangriffe in Syrien.

Die Erkenntnis, dass der islamistische Terror nun auch nicht mehr Halt vor den europäischen Grenzen macht, tut weh. Doch auch Europa ist nicht ohne eigene Terrorerfahrung. Dazu bedurfte es den fanatischen Islamismus nicht. Erinnern wir uns bitte auch an den Terror in Deutschland, Irland, Spanien, etcpp. Wir könnten also auch damit umgehen, ohne uns selbst als übergroße Opfer darzustellen.

Es ärgert mich bis heute maßlos, wie sehr Amerika sich nach dem Anschlag auf die Twintowers in New York als Opfer feiert. Das ist ein derart selbstverliebtes, selbstmitleidiges Getue, dass es einem dabei übel werden kann. Da wird von einem nationalen Trauma gefaselt, von dem diese Nation sich angeblich nie mehr erholen wird. Was für ein Gewäsch. Und nun, in den Jahresrückblicken, fangen die Europäer auch damit an? Nein Danke, darauf sollten wir wirklich verzichten! Amerikas Selbstmitleid hat bis heute in den arabischen Ländern tausenden das Leben gekostet. Wollen wir das wirklich nachmachen? Hat das europäische Volk nicht mehr Verstand als Amerika?

Dieses Thema wird uns weiter beschäftigen, auch im neuen Jahr 2016. Doch mein Ruf an die Bürger Europas ist:

Lasst euch nicht von dem Populismus, auch und gerade nicht aus den Reihen eurer eigenen Regierungen, gefangen nehmen. Beweisen wir, dass unsere schwer erarbeitete Kultur zu mehr fähig ist, als zu Rachegelüsten und Krieg. Auf so vielen Ebenen unserer Gesellschaft, Wirtschaft und auch Politik beweisen wir es bereits, hören wir jetzt nicht damit auf!

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6 Gedanken zu „Europa zwischen herausragenden Leistungen und Selbstmitleid“

  1. Lieber Charly,
    danke für Deine Beschreibung des Zustands von Europa. In vielen Punkten muß man hier Recht geben. Ja, es stimmt, Europa hat einige herausragende Leistungen vollbracht. Und ja, auch das stimmt, was den Terrorismus und die Anschläge hier in Europa angeht, benehmen wir uns wie ein altes Waschweib, dem man die Seife geklaut hat. Aber das ist doch auch letztlich Programm. Wir wollen es diesen selbstherrlichen, arroganten und durchgeknallten Amis nachmachen, im Konzert der Großen mitspielen, selbst eine bedeutendere Rolle in der Welt spielen! Da müssen die nationalen Karten ausgespielt, auf die emotionale Sahne gehauen und mit den (Säbeln?) gerasselt werden, daß die Schwarte kracht!
    Aber, und hier kommt das Körnchen Sauerteig: Die Schuldfrage. Mal abgesehen davon, daß in Frankreichs Großstädten, zumindest in Paris, ganze Vororte zu Slums verkommen sind und die zumeist muslimische Bevölkerung sich immer mehr radikalisiert; wie sind wir denn in muslimischen Ländern unterwegs? Welches Bild haben denn Muslime von uns, von Europa? Deren Bild ist immer noch von Ereignissen geprägt, die fast 1000 Jahre zurückliegen, als ganze Horden von Rittern, Landsknechten und Schergen ihre Länder überfiel im Auftrag eines Pontifex Maximus samt anhängenden Königen und sonstigen Herrschern und im Zeichen des Kreuzes unsägliche Grausamkeiten begannen. Die Kreuzritter, die alles niedermetzelten, was ihnen in die Quere kam, prägen immer noch das Bild. Und dieses Bild wird lebendig gehalten. Da können wir noch so viel Gutes tun und helfen, wo es nur geht – diese Karte wird immer wieder hervorgeholt, wenn es gewissenlosen Hasspredigern und Herrschern in den Kram passt. Und hier ist das Dilemma, wo ich drei Punkte erkenne, die in die Rechnung mit eingehen müssen:
    1. Was Hollande hier getan hat, ist pure Rache, nicht mehr und nicht weniger. Ganz wie George „Quasseljupp“ (W.) Bush damals in Afghanistan. Einfach mal 3000 Zivilpersonen hingerichtet, das Massengrab fand man später. Im Irak später das gleiche.
    2. Das alte Schlagwort von der Koalition der Willigen feiert fröhliche Urständ und wer da nicht draußen vor sein will, muß mitziehen. Ich rate Dir dringend – falls Du es nicht schon tust – Dir mal bei Facebook die Seite von Jürgen Todenhöfer anzuschauen, der redet eine mehr als deutliche Sprache.
    3. Durch Aktionen, wie die von Ramadi in Syrien wird das Bild der Kreuzritter wieder neu belebt. Fehlen nur noch der Segen des Papstes und die Kreuze auf den Panzern.
    Was die selbstverliebten und selbstherrlichen Amis angeht, mit ihrem 9/11, so habe ich kein Mitleid mit denen. Es ist inzwischen nachgewiesen, daß sie das selbst waren. Seitdem die Lautstärke verklungen ist, mit der die Lügen in die Welt posaunt wurden, fangen inzwischen selbst Amis (es geschehen noch Zeichen und Wunder!) an zu denken. Und zwar nicht in den vorgeschriebenen Bahnen ihrer kranken Regierungen, sondern man sichtet mittlerweile kritisch das Material, was ihnen in die Köpfe eingehämmert worden ist. Nebenbei, das, was NGOs und mutige freie Journalisten im Internet bereits schon wenige Tage nach dem Ereignis getan haben. Für sie ist das Internet die einzige Plattform, wo sie Lügen und Lügner beim Namen nennen können, ohne Gefahr zu laufen, gleich erschossen zu werden. Empfehle, bei Youtube.com nach loose change 2 ger zu suchen. Wer danach noch denkt, die Anschläge wären von Attentätern aus irgendwelchen Räuberhöhlen in Afghanistan verübt worden, ist selbst schuld. Alle Aussagen, die in Guantanamo erpresst wurden, sind null und nichtig, weil sie unter Folter entstanden sind. Nicht einer der Inhaftierten hat damit zu tun gehabt, auch das ist pure Rache. Was kein Staat auf der Welt darf, dürfen die besengten Gringos, weil sie niemand zur Rechenschaft ziehen kann. Widerlich.
    Aber hat Christus das nicht alles schon vorhergesehen, als er den Jüngern über die Endzeit predigte? Wir wissen doch, wie das alles zu Ende geht! Der IS ist und bleibt eine Ami-Erfindung und ist gewollt, ein Werkzeug zur Neustrukturierung des Nahen Ostens. Eine Grenze werden sie nicht überschreiten können: die Grenze Israels. Dort endet die Geschichte, denn Gott, der Herr, hält seine Hand über Israel. Immerhin sind zwei Großmächte jetzt im Nahen Osten militärisch gebunden: USA und Russland. Beide sind Bündnispartner und verpflichtet, beizustehen. Was daraus entstehen kann, mag sich jeder selbst ausmalen.
    In diesem Sinne ein gesegnetes Neues Jahr.
    Christian Heß, geb. Petry

    1. Hallo Christian, es freut mich hier einen Kommentar von dir zu finden 🙂

      Du stellst die Schuldfrage. Die kann man, die muss man stellen. Doch in welcher Absicht? Ist sie der Grund für Aktionismus oder für einen moralischen Zeigefinger? Mit der Schuldfrage möchte ich es so halten, wie es auch Christus tut: Sie nicht verneinen, aber Versöhnung suchen, Lösungen finden und mich abwenden von jeglicher Rache oder vom Nachtragen. Statt der Schuldfrage würde ich die Frage nach den Ursachen stellen. Denn die hat die Suche nach der Lösung schon in sich.

      Welches Bild haben denn Muslime von uns, von Europa? Deren Bild ist immer noch von Ereignissen geprägt, die fast 1000 Jahre zurückliegen

      Dem kann ich so nicht zustimmen. Ein Teil der Muslime, insbesondere solche Fanatiker wie der IS, denkt so. Die große Masse denkt so nicht! Es ist ein arges Vorurteil unsererseits, dies anzunehmen, die Muslime würden so über uns denken.

      Ich rate Dir dringend – falls Du es nicht schon tust – Dir mal bei Facebook die Seite von Jürgen Todenhöfer anzuschauen, der redet eine mehr als deutliche Sprache.

      Ja, ich kenne seine Ergüsse. In meinen Augen ist das populistischer Schwachsinn! Dieser Mann ist offensichtlich unfähig komplexer zu denken. Seine gefährliche Naivität zeigte sich z.B. in einem Interview mit einem Deutschen, als er im IS-Land unterwegs war. Da serviert man ihm einen absoluten Blödmann als Interviewpartner und Todenhöfer meint die absolute Offenbarung in das innere Denken des IS gefunden zu haben. Wie naiv, wie lächerlich. Nö, du, ich schaue hier dann doch lieber nach intelligenteren Informationsquellen.

      Was die selbstverliebten und selbstherrlichen Amis angeht, mit ihrem 9/11, so habe ich kein Mitleid mit denen. Es ist inzwischen nachgewiesen, daß sie das selbst waren. … Der IS ist und bleibt eine Ami-Erfindung und ist gewollt, ein Werkzeug zur Neustrukturierung des Nahen Ostens.

      Ehrlich jetzt? Das willst du mir allen Ernstes servieren? Verschwörungstheorien auf ihrem niedrigsten Level? Nicht wirklich, oder? Wer das zu glauben bereit ist, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten 🙁

      Aber hat Christus das nicht alles schon vorhergesehen, als er den Jüngern über die Endzeit predigte?

      Ja, doch, hat er. Sogar dass es Menschen geben wird, die auch den größten Schwachsinn als Wahrheit verstehen wollen:
      2Ti 4:3 Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden, weil es ihnen in den Ohren kitzelt; 4 und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren und sich zu den Fabeln hinwenden. 5 Du aber sei nüchtern in allem, ertrage Leid, tu das Werk eines Evangelisten, vollbringe deinen Dienst! (Rev.Elb.)

      Die Endzeit, von der Christus gesprochen hat, sehe ich hier noch nicht in ihrer Blüte. Selbst der IS glaubt in der letzten großen Schlacht zu sein und erwartet dass Isa (Jesus) wiederkommen wird um die Moslems zur Weltherrschaft zu führen. Sie werden bitter enttäuscht werden. Aber es zeigt uns, dass nicht nur Christen in solchen Kategorien denken.
      Bis zur Endzeit dauert es womöglich noch. Die Welt ist noch nicht erschüttert genug. Aber der Terror hat mMn das Potential den Weg für den einen großen Mann zu ebnen, der in der Bibel als der Antichrist angekündigt ist. Eben weil dieser Terror nicht hinter bestimmten Grenzen stattfindet. Es ist erschreckend zu sehen, welche Effektivität der Terror, eben aufgrund kurzdenkender Politiker, hat. (Siehe Fußballspiel in Hannover oder Gestern München HBF. Es reicht nur Ankündigungen an den richtigen Stellen zu platzieren, schon zerlegt sich unsere Gesellschaft selbst.) Der Terror erreicht, dass ganze Nationen ihre mühsam errungene Freiheit für eine angebliche, tatsächlich aber nicht zu erreichende, Sicherheit aufzugeben. (Patriot Act z.B.)

      Ehrlich Christian, ich bin etwas traurig, solches von dir zu lesen. Ich traue dir eigentlich zu erkennen zu können, was für Fabeln du hier aufgesessen bist. So sieht es zumindest aus meiner Sicht aus. Du magst ähnliches nun über mich denken.

      Auch ich wünsche euch ein reich gesegnetes Jahr 2016 🙂

  2. Ein Ehemann eines der Todesopfer vom zweiten Anschlag in Paris hat einen bemerkenswerten offenen Brief an die Terroristen geschrieben, der aufzeigt, wie wichtig es ist, nicht mit Hass zu reagieren:

    (Quelle: sueddeutsche.de)
    Auszug:

    „Ihr bekommt meinen Hass nicht.

    Freitagabend habt ihr das Leben eines außerordentlichen Wesens geraubt, das der Liebe meines Lebens, der Mutter meines Kindes, aber ihr bekommt meinen Hass nicht. Ich weiß nicht, wer ihr seid und ich will es nicht wissen, ihr seid tote Seelen. Wenn dieser Gott, für den ihr blind tötet, uns nach seinem Bild geschaffen hat, dann muss jede Kugel, die meine Frau getroffen hat, eine Wunde in sein Herz gerissen haben.

    Nein, ich werde euch nicht das Geschenk machen, euch zu hassen. Auch wenn ihr euch sehr darum bemüht habt; auf den Hass mit Wut zu antworten würde bedeuten, derselben Ignoranz nachzugeben, die euch zu dem gemacht hat, was ihr seid. Ihr wollt, dass ich Angst habe, dass ich meine Mitbürger mit misstrauischem Blick betrachte, dass ich meine Freiheit der Sicherheit opfere. Verloren. Der Spieler ist noch im Spiel. …

  3. Ich möchte Dir Gelegenheit geben, Deine Antworten an mich noch einmal zu überdenken und sie ggf. zu korrigieren, bevor ich Dir eine Antwort darauf schreibe.

  4. Ja, dann denke ich, daß wir uns nichts mehr zu sagen haben. Ich werde mich jetzt hier abmelden. Es ist wohl das Beste, in Zukunft auf Deine „Ergüsse“ zu verzichten. Wenn jemand mit einer solchen Ignoranz durchs Leben zieht und nur von sich auf andere schließen muß, weil er wohl ein paar Jahre und Entwicklungen verschlafen hat, dann ist ihm nicht zu helfen. Solltest Du noch Interesse an einem Kontakt haben, dann benutze doch bitte meine Email-Adresse.
    Christian

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