Salafisten in Mönchengladbach IX

Lesezeit: 6 Minuten
© Charly Lücker

Eigentlich passt der Titel des Beitrags nicht mehr, weil es im Grunde bei der Demo der BI-MG nicht wirklich um die Salafisten ging. Die waren nur der Aufhänger für …. was eigentlich?
Daher ein Untertitel: „… wenn einem die Feinde ausgehen“

Was war der Hintergrund für die erneute Demonstration der Bürgerinitiative?
Mitglieder der BI geben an die Beobachtung gemacht zu haben, dass sich zwar Freitags die Salafiten nicht mehr zum gemeinsamen Gebet auf dem privaten Garagenhof neben der versiegelten Moschee versammelten, sich aber dennoch weiterhin Salafisten in den anliegenden Privatwohnungen von dort ansässigen Muslimen treffen würden.

Die RP-Online berichtete davon:
„In der vergangenen Woche versammelten sich mindestens 40 Salafisten in dem Haus an der Eickener Straße 166“, berichtet der Sprecher der Bürgerinitiative, Wilfried Schultz. Und: „Zwölf Monate haben wir gekämpft, jetzt fängt alles wieder von vorne an.“ Mitglieder der Bürgerinitiative seien auch in der vergangenen Woche wieder von den Salafisten massiv beschimpft und angepöbelt worden. Ein Anhänger von EZP habe Wilfried Schultz von hinten angespuckt. Deshalb habe sich die Bürgerinitiative spontan entschlossen, am Freitag erneut zu demonstrieren, sagt Schultz. Schließlich müsse endlich einmal etwas geschehen….
Bei Polizei und Stadt ist bekannt, dass die Anhänger sich an der Eickener Straße und auch anderen Orten im Stadtgebiet treffen. Doch ob eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, also in Privaträumen nutzungswidrig regelmäßige Versammlungen stattfinden, müsse noch geprüft werden. „Wenn wir einen Verstoß feststellen sollten, dann wird gegebenenfalls ein Zwangsgeld gegen den Verein erhoben“, sagt Wolfgang Speen, Leiter der städtischen Pressestelle.

Moslems treffen sich zum Freitagsgebet in Privatwohnungen. Das also ist Anlass genug eine Demo zu organisieren? Wohlgemerkt Moslems treffen sich zum Gebet und nicht der Verein der Salafisten.
Ehrlich gesagt befremdet mich die Einlassung des Herrn Speen, Leiter der städtischen Pressestelle. Denn ob und wann sich Privatleute wo auch immer im Privaten zu Gebeten treffen, geht öffentlichen Behörden in Deutschland nichts an.  Zumindest solange nicht, wie dadurch keine Störung der öffentlichen Ordnung geschieht. Das gründet sich auf dem Recht der deutschen Bevölkerung auf den Schutz der Privatsphäre. Zitat Wikipedia:
Der Schutz der Privatsphäre ist im deutschen Grundgesetz aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1) abzuleiten. Das besondere Persönlichkeitsrecht dient dem Schutz eines abgeschirmten Bereichs persönlicher Entfaltung. Dem Menschen soll dadurch ein spezifischer Bereich verbleiben, in dem er sich frei und ungezwungen verhalten kann, ohne befürchten zu müssen, dass Dritte von seinem Verhalten Kenntnis erlangen oder ihn sogar beobachten bzw. abhören können. Durch die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) und durch das Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) wird der Schutzbereich konkretisiert.
Und das Recht auf Versammlungsfreiheit, welches sich durch den Artikel 8 des Grundgesetz ergibt:
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
Zitat Wikipedia:
Versammlungen in geschlossenen Räumen sind von Art. 8 Abs. 1 GG geschützt und grundsätzlich vorbehaltlos gewährleistet. Dies folgt im Umkehrschluss aus Art. 8 Abs. 2 GG. Danach können nur Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz eingeschränkt werden. Öffentliche Versammlungen in geschlossenen Räumen sind daher entgegen dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 1 GG nur ausnahmsweise nach den § 5 und § 13 VersG einschränkbar, um andere Rechtsgüter von Verfassungsrang zu schützen, wenn die dort aufgezählten Verstöße vorliegen. Für nichtöffentliche Versammlungen in geschlossenen Räumen sind diese Vorschriften jedenfalls nicht direkt anwendbar. Allerdings kann es hier gestützt auf das allgemeine Polizeirecht zu einer Einschränkung kommen.
Bliebe noch die Frage, ob die Wohnung selbst als Versammlungsstätte eines Vereins missbraucht wird und damit besonderen Auflagen unterliegen würde. Wenn sich allerdings Privatleute zur gemeinsamen Ausübung ihrer religiösen Gebete und Gespräche treffen ist das noch lange kein Missbrauch des Nutzungsrechts. Demnach müsste man sonst auch in Frage stellen, ob es erlaubt sein kann eine Privatwohnung als Ort für eine Geburtstagsfeier zu nutzen, ohne vorher ein Schankrecht beantragt zu haben und bestimmte Auflagen zu erfüllen.
Das sind eigentlich selbstverständliche Rechte, die wir in unserem Land haben. Nur für die BI und insbesondere dem Juristen W. Schultz scheint es solche Rechte für Bürger, die „anders sind“ nicht zu geben. Wie gut, dass kompetentere Juristen solches entscheiden.
Soweit der Hintergrund…

Wenn einem die Feinde ausgehen…
Halten wir also fest, dass diese Demo aus dem Grund organisiert wurde, um dagegen zu protestieren, dass den Salafisten ihr Recht auf Versammlungsfreiheit nicht eingeschränkt wird.

W. Schultz eröffnete die Demonstration ein wenig verspätet, indem er die anwesende Polizei wütend beschimpfte. Denn der BI wurde nicht gestattet ihren Demonstrationszug und die Kundgebung auf der Straße selbst durchzuführen. Die BI hätte sich außerhalb der Fußgängerzone auf die Nutzung des Bürgersteiges zu beschränken. Bei den 60-70 anwesenden Demonstranten (und nicht etwa 105 wie W. Schultz auf seinem Blog angibt – die wenigen Journalisten und Beobachter sind eben keine Demonstranten) war das auch vollkommen ausreichend. Der Meinung war auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf.
Wenn man also keine sichtbaren Feinde mehr hat – denn Salafisten waren nicht anwesend – sucht man sich halt neue, mag sich W. Schultz gedacht haben. So machte es zumindest den Eindruck. W. Schultz beschimpfte also recht (nach eigenen Worten) wütend die Polizei und Mönchengladbacher Politiker. So forderte W. Schultz die Demonstranten nach dem kurzen Demonstrationszug zu einer Schweigeminute auf, in der sie ihre Scham über die Polizei und Politiker ausdrücken sollten.

In seinen Triaden erwähnte W. Schultz dann auch, dass die Polizei in der Zählung der Demonstranten bei der letzten Demo der BI zu anderen Ergebnissen gekommen ist, wie die BI selbst. (Nun ja, ich habe heute auch gezählt und komme auch zu anderen Ergebnissen wie die BI – woran mag das liegen?) Als W. Schultz aufzeigte, dass die offizielle Zählung der Polizei weniger ergeben hatte wie die eigene Zählung der BI, skandierten die Demonstranten in Richtung der Polizei: „Lügner, Lügner“!
Eine interessante Entwicklung, wie mir scheinen will. Denn zuvor haben bei anderen Demos der BI Salafisten auf Behauptungen in der Verkündigung durch W. Schultz vereinzelt solche Vorwürfe skandiert. Nun also verwendet die BI selbst auch solche Mittel und Rhetorik. Da fragt sich der neutrale Beobachter, ob hier etwa die Grenzen im Auftreten zwischen der BI und den Salafisten verschwimmen?

Bemerkenswert finde ich, dass W. Schultz sich bei einer Demo zum Zwecke der Einschränkung des Versammlungsrechts der Salafisten unter Zuhilfenahme der Art. 8 GG darüber beschwert, dass der BI Auflagen für ihre Versammlung gemacht wurden.
So ist das eben immer wieder: gleiches Recht gilt so Manchem nicht auch für die Anderen. Man selbst nimmt in Anspruch, was man Anderen verweigern will.

Im Laufe der Verkündigung durch W. Schultz erwähnte er dann doch auch noch mal die Salafisten. Er zitierte dafür Quellen, die über radikale Islamisten berichten. Das Salafisten und radikale Islamisten für W. Schultz ein und dasselbe sind, konnte der aufmerksame Beobachter ja schon öfter feststellen. Da änderte seine Ergänzung, dass ja nicht unbedingt die/alle Salafisten vor Ort so seien, aber einen Nährboden dafür bieten würden, auch nicht wirklich etwas. Doch dieses Thema nahm weit weniger Raum in der Verkündigung ein, als die Beschimpfung der öffentlichen Organe.

Am Ende machte W. Schultz dann auch wieder Werbung für seine neu gegründete Partei, „Die Bürgerlichen“ und mutmaßte dass es tatsächlich den Bürgern und Politikern in MG interessieren könnte, wenn bei der nächsten Kommunalwahl (von mir geschätzte) 100-150 Bürger seine neue Partei wählen würden. Eine Partei ohne konstruktive Programminhalte, deren Inhalte lediglich auf Vorwürfen und Vorhaltungen, sowie vagen Versprechungen fußen, wird kaum genügend Bürgerstimmen bei den nächsten Wahlen finden um relevant aufzufallen.

Fazit:
Nun ärgert sich die Mönchengladbacher Bürgerinitiative, dass sie das erreicht hat, was sie wollte. Der Verein der Salafisten ist nicht mehr organisatorisch aktiv und die öffentlichen Versammlungen und Gebete der Salafisten haben aufgehört. Jedem hätte klar sein müssen, dass deshalb die Salafisten selbst nicht aufhören werden ihren Glauben zu leben und ihre Gebete zu sprechen.
In Ermangelung sichtbarer Feinde, schafft sich W. Schultz und mit ihm die BI in den Ordnungskräften und Politikern der Stadt und des Landes neue Feinde. Freunde schafft man sich so nicht. So könnte der oft geäußerte Vorwurf, man hätte die BI alleine gelassen, auch dahingehend interpretiert werden, dass man sich darüber nun nicht gerade beschweren sollte, wenn man sich selbst derart isoliert.

Da sich die Dinge in MG nun zunehmend nicht mehr um die Salafiten drehen, beende ich diese Beitragsserie auf meinem Blog. Sollten relevante Ereignisse in MG um die Salafisten geschehen, melde ich mich ggf noch einmal zu Wort.

Fortsetzung

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4 Gedanken zu „Salafisten in Mönchengladbach IX“

  1. Auf RP-Online kann man eine nähere Begründung für die Auflagen für diese Demo lesen:
    „Was Schultz als Beschneidung seiner Rechte auffasst, sieht die Polizei als reine Schutzmaßnahme – nicht nur aus verkehrstechnischen Gründen. Die Ordnungshüter wollten eine hautnahe Konfrontation zwischen EZP-Anhängern und Demonstranten von vorneherein verhindern, hieß es. Schließlich sei es in der Vergangenheit schon zu einem tätlichen Übergriff von Seiten der Salafisten gekommen….
    Und so will die Bürgerinitiative nun jeden Freitag weiter protestieren. Wilfried Schultz kündigte bereits eine neue Demonstration an. Und die will er ohne „Bürgersteig-Auflage“ durchsetzen. „Wir werden in Zukunft alle rechtlichen Möglichkeiten ausnutzen“, sagt er.“

    Wie ich schon schrieb: Es geht nicht mehr um die Salafiten, es geht um W. Schultz und seine Partei. Ich gehe davon aus, dass sich das dort recht bald totlaufen wird.

  2. Wie man hier bei der evang. Allianz nachlesen kann sollten Christen ihre Augen nicht vor dem isalmischen Extremismus verschließen:

    Zitat:
    Christliche Gemeinden nehmen extremistische islamische Strömungen wie den Salafismus bisher nicht als Herausforderung wahr. Dieser Ansicht ist der Islambeauftragte der Evangelischen Kirche von Westfalen, Kirchenrat Gerhard Duncker (Bielefeld). Es fehle an Problembewusstsein, sagte er gegenüber idea. ….
    Dazu sagte Duncker: „Ich sehe nicht, dass dieses Thema bei den Gemeinden im Blick ist.“ Anfragen dazu habe er bisher nicht erhalten. Duncker fordert Christen auf, der salafistischen Mission dadurch zu begegnen, dass sie sich zu ihrem eigenen Glauben bekennen und darüber reden. Dies erfordere, „den Glauben in drei Sätzen zusammenfassen zu können“. Wenige Christen seien dazu in der Lage.

    Hilfreich wäre es ja schon, wenn sich die Kirchen und Gemeinden hier deutlich zu Wort melden und ein öffentliches Auftreten nicht allein zum Teil dubiosen Bürgerbewegungen überlassen.

  3. Es gibt immer recht „freundliche“ Mitmenschen, die besonders bei Reizthemen auftauchen. Exemplarisch hier eine Mail, die mir geschickt wurde:

    Name: AnnikaThomas
    E-Mail: antra49@aol.com
    Webseite:
    Nachricht: Sehr geehrter Herr Lücker,

    Ihr Blog über die Bürgerbewegung gegen die Salafisten zeigt, dass Sie absolut nichts verstanden haben.

    Warum treten Sie nicht gleich über?

    Mit freundlichen Grüßen,

    A. Thomas

    Zeit: Mittwoch November 2, 2011 at 8:48 am
    IP Adresse: 92.224.213.29

    Verehrte Annika Thomas, ich denke es ist offensichtlich wer von uns Beiden herzlich wenig Intellekt aufbrachte um sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Wenn sie schon nichts außer Pöbeleien vorzubringen haben, warum bleiben sie nicht einfach still?

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